Haftungsfallen für Ärzte - IGeL können Ausweg bieten

Veröffentlicht:

Müssen Ärzte haften, wenn sie ihren Patienten wegen des politisch forcierten Sparzwangs weniger als den wissenschaftlichen Standard bieten können? Diese Frage stellen immer mehr Kollegen, sagte Patrick Weidinger, Leiter Arzthaftpflicht bei der Deutschen Ärzteversicherung (DÄV), bei einem Pressegespräch auf dem Kongress.

So habe ein Dermatologe beim Versicherer angefragt, was passiert, wenn er beim Hautkrebs-Screening ein malignes Melanom nicht erkennt, weil die Vorsorge-Untersuchung nur die Inspektion ohne Lupe umfasst. Die DÄV empfiehlt, in solchen Fällen die Auflichtmikroskopie als Individuelle Gesundheitsleistung anzubieten. Wichtig: Wünscht der Patient sie nicht, sollte der Arzt das auf jeden Fall dokumentieren.

Schuld anerkennen ist für Ärzte immer noch heikel.

Folgen für Fach- und für Hausärzte hat ein Urteil des Bundesgerichtshofs von 2004, wonach ein Fehler bei der Befunderhebung zur Beweislastumkehr führen kann (Az.: VI ZR 34/03). Laut Weidinger sind solche Sachverhalte auch schon bei Hausärzten aufgetreten. So etwa bei einem Arzt, der einen Jugendlichen monatelang ohne Erfolg wegen Knieschmerzen behandelte und dabei einen Tumor übersah. In solchen Fällen sei ein Haftungsgrund anerkannt worden.

Ein weiteres Problemfeld stellt nach den Erfahrungen der Deutschen Ärzteversicherung die fachübergreifende Tätigkeit im KV-Notdienst dar. "Es ist vielleicht sogar die Regel, dass fachfremd diagnostiziert werden muss", sagte Weidinger. Sein Rat: so viel zu dokumentieren "wie in der Situation vertretbar" und regelmäßig an notfallmedizinischen Fortbildungen teilzunehmen.

Seit der Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes Anfang 2008 können Ärzte nicht mehr so leicht ihren Haftpflichtschutz verlieren, wenn sie gegenüber Patienten ein Schuldanerkenntnis ablegen. Das Gesetz untersagt einschlägige Vertragsklauseln. Allerdings hat das nach Angaben von Patrick Weidinger einen großen Haken: Wenn der Haftpflichtversicherer den Fall prüft und gar keinen Behandlungsfehler sieht, kann der Arzt aus eigener Tasche haftbar werden. Weidingers Rat: Ärzte sollten sagen, dass es ihnen Leid tue, eine Schuld sollten sie aber nach wie vor nicht einräumen. Vielmehr sollten sie die Patienten darauf hinweisen, dass das Weitere mit der Versicherung geklärt wird. (pei)

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Arzneiforschung: Von Innovationen profitieren nicht nur Patienten, sondern immer auch die Gesellschaft als Ganzes.

© HockleyMedia24 / peopleimages.com / stock.adobe.com

Nutzenbewertung

Arznei-Innovationen: Investition mit doppeltem Nutzen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa)
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weizen und Gluten entstigmatisieren

Reizdarmsyndrom: Ist die Glutensensitivität ein Nocebo-Phänomen?

Lesetipps
Mit einem PSA-basierten Screening sollen Prostatakarzinome früh erkannt werden

© Peakstock / stock.adobe.com

Früherkennung

PSA-basiertes Prostatakrebs-Screening: Langzeitdaten belegen Nutzen