"Schneegestöber" beim Ultraschall war gestern

Scharfe Konturen und dreidimensionale Körper: Moderne Ultraschallgeräte liefern heute Bilder in einer Qualität, wie sie noch vor einigen Jahren für Ärzte undenkbar war.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Neue Geräte (r.) erleichtern Ärzten beim Sono im Vergleich zu alten Modellen (l.) die Orientierung.

Neue Geräte (r.) erleichtern Ärzten beim Sono im Vergleich zu alten Modellen (l.) die Orientierung.

© Jochen Tack/imago; Philips

Es ist noch gar nicht so lange her, da war unter Enthusiasten der medizinischen Bildgebung die These zu hören, der Ultraschall sei eine aussterbende Disziplin. Kein Wunder: Wer vor zehn Jahren am Ultraschallgerät eine Gallenblase in den Fokus holte, der sah einen wahren Orkan unerwünschter Pixel, das von Ärzten passend "Schneegestöber" getaufte Bildrauschen der Sonografie.

Bei neueren Geräten ist von Schneegestöber dagegen nichts mehr zu sehen. Allenfalls finden sich ein paar vereinzelte Schneeflocken. Vor allem aber sieht der Arzt eine von Artefakten nahezu unverbaute Anatomie. "Von den verrauschten alten Ultraschallbildern haben wir uns weit entfernt", betont Dr. Thomas Fischer vom Ultraschall-Labor der Berliner Charité.

"Der Ultraschall ist heute das bildgebende Verfahren mit der höchsten Auflösung. Er liefert Bilder von enormer Qualität." Die technischen Grundlagen dafür sind vielfältig.

Die Schlagworte lauten Tissue Harmonic Imaging, Compound Imaging, Speckle Reduction und spatiale Filterung. "Wir stellen zum Beispiel das früher dem Highend-Bereich vorbehaltene Compound Imaging mittlerweile für unser Basismodell Accuson X300 zur Verfügung", sagt Alexander Stanke, Leiter Ultraschall Deutschland bei Siemens.

Auch bei Philips ist diese Technologie im Basismodell HD7 angekommen. Beim Compound Imaging werden Bilder aus verschiedenen Richtungen aufgenommen, um das Rauschen zu verringern. Das erfordert Veränderungen sowohl in der Software als auch am Schallkopf.

Ultraschall-Vereinbarung der KBV

- Die Einhaltung der Vereinbarung ist die Voraussetzung dafür, dass Ärzte Ultraschallleistungen mit den KVen abrechnen können.

- Ärzte müssen nachweisen, dass ihre Geräte den technischen Mindestanforderungen entsprechen. Der Nachweis erfolgt über eine Garantieerklärung des Geräteherstellers.

- Für Geräte, die bereits in Betrieb sind, müssen Ärzte bis 31. März 2013 darlegen, dass sie die Anforderungen erfüllen.

- Indikation und Untersuchung sind zu dokumentieren.

Der Schallkopf ist ohnehin das A und O moderner Ultraschallkunst: "Neue Sonden, die wir bereits in der oberen Mittelklasse einsetzen, nutzen gerichtete Kristalle, die ähnlich wie Computerchips hergestellt werden", sagt Ludwig Isken, Produktmanager Ultraschall bei Philips Healthcare.

Statt 40 Prozent wandeln diese Schallköpfe 80 Prozent der elektrischen in mechanische (Ultraschall-)Energie um. "Das reduziert den Stromverbrauch und erlaubt ganz neue Bauformen von Sonden." Der qualitative Unterschied, den solche und andere Innovation bei der Bildqualität gebracht haben, ist heute an nahezu jedem Organ sichtbar.

Wer beispielsweise auf die Nieren blickt, der sieht ein Organ, bei dem Rinde und Parenchym glasklar voneinander abgegrenzt sind.

In der Leber sind Raumforderungen mit modernen Geräten auch bei einer Fettleber gut erkennbar. "Im rechten Unterbauch können wir heute mittels Ultraschall eine Bilddarmentzündung von einer Entzündung des terminalen Ileums abgrenzen", so Fischer.

Dies zeigt deutlich, dass bessere Bilder kein Selbstzweck sind, sondern eine höhere Qualität der Patientenversorgung nach sich ziehen: Ob eine Blinddarmentzündung oder eine Entzündung des terminalen Ileums vorliegt, macht therapeutisch einen großer Unterschied. Im einen Fall wird der Bauch aufgemacht, im anderen bleibt er zu. Es wundert deswegen nicht, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung zur Verbesserung der diagnostischen Qualität in der ambulanten Medizin eine Ultraschallvereinbarung durchgesetzt hat.

Diese regelt die fachlichen Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit Ultraschalluntersuchungen von Ärzten ausgeführt und abgerechnet werden können. Aber es geht auch um die Geräte selbst, die gewisse technische Standards erfüllen müssen, um künftig noch einsetzbar zu sein.

Vor diesem Hintergrund stehen derzeit viele ambulante Ärzte vor der Entscheidung, sich ein neues Ultraschallgerät zuzulegen. Wer weniger als 10  000 Euro ausgeben möchte, findet entsprechende Angebote. "Im günstigsten Preissegment kann sich der Kunde aber auf eine hohe Geräte- und Servicequalität oft nicht verlassen", betont Dr. Hans Worlicek, Gastroenterologe aus Regensburg und bei der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) Experte für den ambulanten Bereich.

Worlicek empfiehlt deswegen, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen: "Leistungsfähige Basisgeräte gibt es für rund 15 000 Euro. Im mittleren Preissegment bewegen die Geräte sich preislich zwischen 20  000 und 40 000 Euro." Dafür erhält der Arzt eine ganze Menge. Wie das im Einzelnen aussieht, darüber können sich Besucher der Medica ausführlich informieren. Denn die Ultraschalldiagnostik ist auch in diesem Jahr eines der großen Medica-Themen.

"Wir bieten Kunden im Niedergelassenen-Bereich zum Beispiel zahlreiche automatisierte Messungen, die mit Wissensbasen im Hintergrund arbeiten und den Arbeitsaufwand deutlich reduzieren", betont Alexander Stanke.

So können Gynäkologen mit wenigen Markierungen Kopfumfang oder Rückenlänge des Fetus abstecken und sehen dann automatisch die Schwangerschaftsdauer und andere Informationen. "Etwas Ähnliches gibt es auch im internistischen Bereich, wo wir für IGeL- oder GOÄ-Abrechnungen ein Arterial Health-Package anbieten", so Stanke.

Dabei berechnen die Geräte anhand Intima-Media-Dicke das kardiovaskuläre Risiko nach Framingham. Zur Technik gehört auch ein Servicepaket. Siemens stellt etwa eine Null-Prozent-Finanzierung vor, die die Anschaffung eines neuen Geräts kalkulierbar macht. Ergänzend gibt es einen Schutzbrief, der das Investment gegen Ausfälle absichert.

Bei Philips steht unter anderem die Nutzerergonomie im Vordergrund. So haben heute schon Basisgeräte wie das HD7 einen Knopf für eine automatische Tiefenverstärkung, iScan genannt, der den früher üblichen Handregler ersetzt. "Das spart Zeit, verringert Bedienungsfehler und macht die Ergebnisse reproduzierbarer", so Isken.

Es sind aber auch ganz einfache Dinge, die den Alltag erleichtern: "Beispielsweise haben heute fast alle Geräte Flachbildschirme, so dass man auch in heller Umgebung etwas sieht", sagt DEGUM-Experte Worlicek. Bei alten Geräten ist der Ultraschall dagegen oft noch eine Sache für die Dunkelkammer.

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