Prävention

Gesundheitscoach hat Potenzial

Mit Tätigkeitsschwerpunkten können niedergelassene Ärzte Zeichen setzen im hart umkämpften Gesundheitsmarkt. Eine Option ist dabei der Titel Gesundheitscoach. Das Präventionsgesetz verspricht Potenzial.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Als Gesundheitscoach haben Ärzte viele Aspekte wie Ernährung und Krankheitsprävention im Blick.

Als Gesundheitscoach haben Ärzte viele Aspekte wie Ernährung und Krankheitsprävention im Blick.

© aytuncoylum / Fotolia.com

FRANKFURT/MAIN. Seit vergangenem Jahr stehen die Zeichen in der Republik auf Prävention. So hat der Gesetzgeber mit dem am 25. Juli 2015 in Kraft getretenen Präventionsgesetz unter anderem die Ausgabenrichtwerte der Krankenkassen im Bereich Prävention mehr als verdoppelt – von 3,09 Euro auf sieben Euro pro Person.

Das weckt Begehrlichkeiten bei Akteuren in der Gesundheitswirtschaft. Daraufhin hat zum Beispiel der Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV) berichtet, dass sich im Zuge des Präventionsgesetzes viele Fitnessstudios für die Kassenpräventionskurse zertifizieren lassen.

Die Fortbildung im Überblick

Gesundheitscoach hat Potenzial

© Trueffelpix/Fotolia

Titel: TSP-Fortbildung Gesundheitscoach. Gesundheitsförderung und Prävention

Zertifizierung: Zertifiziertes Seminar zum Erwerb des Tätigkeitsschwerpunktes Gesundheitscoach gemäß Paragraf 27 (4-3) der Berufsordnung

Termin: Start am 28. Oktober von 16 bis 20 Uhr, Fortführung am 29. Oktober von 9 bis 10 Uhr

Ort: Frankfurt am Main, Campus Westend

Teilnahmekosten: 250 Euro für eine Person. Es besteht die Möglichkeit, ein vergünstigtes Kombiticket für 350 Euro zu erwerben, das auch zur Teilnahme am 3. Tag der Privatmedizin berechtigt.

Anmeldung via E-Mail: info@tag-der-privatmedizin.de oder telefonisch: 0203/8007928

Er erwartet darüber hinaus aber auch einen Impuls für die Inanspruchnahme weiterer Fitnessangebote durch die Kursteilnehmer auf privater Basis.

Basis für Kooperationen

Diese Entwicklung steht exemplarisch für neue Tätigkeitsfelder auch für Ärzte. Denn die Kursangebote unterliegen zum Teil strengen Anforderungen im Hinblick auf die medizinische Qualität. Ärzte können sich so als Kooperationspartner für Fitnessstudios anbieten – oder zum Beispiel in einem Praxisnetz selbst eines auf die Beine stellen.

Zwar sind Ärzte qua Ausbildung medizinisch qualifiziert. Mit dem Erwerb von Tätigkeitsschwerpunkten können sie aber über ihre Facharztqualifikation hinaus mit einer zusätzlichen Spezialisierung Flagge zeigen – zum Beispiel im Bereich Prävention. Im Rahmen des 3. Tages der Privatmedizin bietet der Privatärztliche Bundesverband zusammen mit dem Internisten und Sportmediziner Dr. Wolfgang Grebe eine Fortbildung zum Erwerb des Tätigkeitsschwerpunktes Gesundheitscoach an.

"Gesundheitscoaches verstehen sich als Ärzte, die gesundheitsbewusste Menschen in deren Eigenverantwortung unterstützen, um ihre Lebensqualität zu erhalten oder zu verbessern und achtsam mit sich umzugehen", erläutert Grebe das Leitbild eines Arztes mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Gesundheitscoach.

Umstrittene IGeL

Er postuliert, dass Ärzte in Zukunft für viele ihrer Patienten in die Rolle des Gesundheitscoaches hineinwachsen werden, der dann nicht für die Reparatur von Gebrechen zuständig ist, sondern sich darum kümmert, dass die Menschen gesund bleiben. Somit soll er als Sparringspartner der Patienten auch rechtzeitig erkennen, wenn Risikofaktoren für Krankheiten auftreten, und helfen gegenzusteuern.

Dazu können laut Grebe regelmäßige Check-ups – zum Beispiel ausführliche Labor-Checks, Knöchel-Arm-Index, Herzfrequenzvariabilität und ähnliches mehr – gehören. Bei Bedarf umfasse das Tätigkeitsfeld eines ärztlichen Gesundheitscoaches eine Trainingsbegleitung, eine Ernährungsberatung, oder sogar eine psychomentale Begleitung. "Das ist eigentlich die Medizin, die auch von Hippokrates her kommt", betont der Internist. Viele dieser Leistungen sind Zusatzleistungen, die außerhalb der GKV erbracht werden.

Diese Leistungen, so Grebe, seien nicht deshalb überwiegend Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), weil sie umstritten sind. Vielmehr gebe es sie zum Teil erst so kurze Zeit auf dem Markt, dass sie noch nicht in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen worden sind. Bei Angeboten in seiner Praxis wie dem Manager-Check-up, sehe er, dass diese Leistungen bei Patienten hohe Akzeptanz fänden.

Grebes Fortbildung zum Tätigkeitsschwerpunkt Gesundheitscoach findet in zwei Blöcken statt, und zwar am Freitag, den 28. Oktober, von 16 bis 20 Uhr und am 29. Oktober, dem eigentlichen Kongresstag, von 9 bis 10 Uhr. Die Teilnahmegebühr beträgt 250 Euro. Teilnehmer der Fortbildung erhalten einen vergünstigten Eintritt zum Kongress im Kombipreis von 350 Euro.

Ernährungsberatung, Bewegung und Sport

Inhaltlich geht es bei Grebes Fortbildung zum Gesundheitscoach um das Präventionsgesetz und die Nationale Präventionsstrategie, die die Rahmenbedingungen für die Präventionstätigkeiten abstecken. Die bevorstehende Novellierung der GOÄ als Anreiz zur Neuaufstellung der Praxis erläutert Grebe ebenfalls. Darüber hinaus geht es um den Arzt als Präventionslotsen – und damit darum, die eigene Rolle im Gesundheitssystem zu überdenken und zu gestalten.

Medizinische Bausteine sind die Ernährungsberatung, Bewegung und Sport, Entspannungstechniken, Burn-out-Prophylaxe, Check-up-Programme und die Tabakentwöhnung. Auch gibt Grebe praktische Umsetzungstipps zur Organisation und Abrechnung von Leistungen aus dem Tätigkeitsschwerpunkt Gesundheitscoach.

Ein Aspekt dabei widmet sich der Präventions-Kooperation mit Dritten, wie Schulen oder Betrieben. Vor allem Letztere bieten Ärzten noch ein großes Präventionspotenzial – auf Selbstzahlerbasis. Hier lohnt wiederum ein Blick auf die Fitnessstudios. So verzeichnet deren Arbeitgeberverband DSSV ein verstärktes Interesse von Unternehmen, den Mitarbeitern Fitness- oder Sportangebote zu vergünstigten Tarifen anzubieten – als Teil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM).

Entrée für betriebliche Angebote

Das BGM kann für Hausärzte wiederum als Brücke zu Firmen dienen, vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), die sich keine eigene betriebsmedizinische Abteilung leisten können. Hier kann der Tätigkeitsschwerpunkt Gesundheitscoach als Entrée dienen.

Wie eine aktuelle Befragung von 401 mittelständischen Personalmanagern der Fachzeitschrift "Personalwirtschaft" in Zusammenarbeit mit dem Fürstenberg Institut, der ias gruppe sowie der Techniker Krankenkasse ergeben hat, sieht sich nur eine Minderheit nicht in der Lage, BGM-Maßnahmen anzubieten.

Hausärzte können eine Reihe von Leistungen für die Belegschaften von KMU im Rahmen des BGM erbringen – einige erfordern die arbeitsmedizinische Qualifikation. Die Leistungen sind vom jeweiligen Arbeitgeber auf GOÄ-Basis zu vergüten. So können Hausärzte KMU medizinische Angebote wie Check-ups offerieren, für die die Firmen zahlen. Welche Anforderungen Ärzte bei arbeitsmedizinischen Leistungen erfüllen müssen, steht in den Arbeitsmedizinischen Regeln der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Orientierung an BÄK-Curriculum

Wie Grebe betont, hat er sich bei der Konzeption seiner Fortbildung zum Tätigkeitsschwerpunkt Gesundheitscoach an dem Curriculum Gesundheitsförderung und Prävention der Bundesärztekammer orientiert. Damit dürften Vertreter aller ärztlichen Fachdisziplinen in der Patientenversorgung diesen Tätigkeitsschwerpunkt tragen. Dabei muss jedoch eine mögliche Verwechslung mit einem Erwerb des Tätigkeitsschwerpunktes nach einem Curriculum laut der bestehenden Weiterbildungsordnung oder einer vergleichbaren Weiterbildung ausgeschlossen sein.

Wie Grebe im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" betont, können die Absolventen der Fortbildung umgehend dem Tätigkeitsschwerpunkt Gesundheitscoaching nachgehen und diesen auch auf dem Praxisschild sowie auf allen Kommunikationswegen bekannt machen. Dazu habe der 105. Deutsche Ärztetag 2002 in Rostock in seinen Beschlüssen zur Neufassung der (Muster)Berufsordnung den Weg frei gemacht für neue Regeln im Praxismarketing.

Nach der neuen Berufsordnung werden, wie die KBV hinweist, alle Werbeträger wie Praxisschild, Briefbogen, Rezeptvordrucke, Internetpräsentationen und Anzeigen gleich behandelt. Auch Rundfunk- und Fernsehwerbung ist grundsätzlich zulässig. Besonders wichtig, so die KBV: Ärzte können auf allen Medien neben ihrer Weiterbildung und ihren Zusatzbezeichnungen auch Tätigkeitsschwerpunkte angeben – zum Beispiel den Gesundheitscoach, die Akupunktur oder die Rauchentwöhnung.

Allerdings darf keine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Facharzt- oder Zusatzbezeichnung bestehen.

Die Fortbildung im Rahmen des 3. Tages der Privatmedizin in Frankfurt ist nicht meldepflichtig gegenüber den Landesärztekammern, wie Grebe betont. Jedoch weist er darauf hin, dass die KBV Tätigkeitsschwerpunkte als Angebote an Patienten charakterisiert, welche die Praxis nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig erbringt.

Um sie angeben zu dürfen, müsse der Arzt sich ihnen besonders widmen. Wann dies der Fall ist, ist aber wiederum Ermessenssache: Die Ärztekammern empfehlen, vor der Angabe von Tätigkeitsschwerpunkten dies mit der jeweils zuständigen Kammer abzustimmen.

Auch Kassen sind zu überzeugen

Wie Grebe zum Praxisalltag als Gesundheitscoach mit entsprechendem Tätigkeitsschwerpunkt ergänzt, sollten sich Ärzte vor allem Zeit für die Patienten nehmen. Zeit, die gut investiert ist. Denn – und das zeigt ein Blick in Deutschlands Praxen, in denen Ärzte bereits als Gesundheitscoaches agieren – auch Krankenkassen finden sich bereit, bestimmte Selbstzahlerangebote zu bezuschussen, wenn sie vom Konzept und dem Outcome überzeugt sind.

So sind die Kosten für Patienten mitunter nicht höher als monatliche Mitgliedsbeiträge zur Nutzung eines Fitnessstudios. Beteiligen sich die Kassen an Kurskosten, so verlieren ärztliche Angebote aus dem breiten Portfolio des Gesundheitscoachings auch schnell den Nimbus des Elitären.

Doch auch so steigt die Akzeptanz für Selbstzahlerleistungen: Laut einer repräsentativen Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen (WIdO) haben im Jahr 2014 exakt 33,3 Prozent der Kassenpatienten bei ihren Haus- oder Facharztbesuchen innerhalb der vergangenen zwölf Monate eine Selbstzahlerleistung offeriert bekommen, im Jahre 2001 lag die Quote erst bei 8,9 Prozent. Nach WIdO-Schätzungen erzielten Haus- und Fachärzte zusammen 2014 rund eine Milliarde Euro mit IGeL – die Zahnärzte sind hier nicht inkludiert.

Wie die Umfrage ergeben hat, fragt nur etwas mehr als ein Viertel der Patienten von sich aus nach bestimmten IGeL. Mit 72,6 Prozent gehe die Initiative in der Mehrzahl der Fälle von den Ärzten aus. Mit einer Quote von 72,2 Prozent verzeichnen die Ärzte dabei eine hohe Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen durch die Patienten.

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