Krankschreibung

Regierung will AU-Regelung nicht ändern

Veröffentlicht:

BERLIN. Die Bundesregierung will die Regeln für Krankschreibungen in Deutschland nicht ändern. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums sagte am Montag in Berlin, man halte die aktuelle Regelung "für angezeigt, sinnvoll und nützlich".

Auch die Arbeitgeber sehen keinen Handlungsbedarf.Mediziner der Universität Magdeburg hatten nach deutsch-norwegischen Vergleichsstudien für eine Lockerung der Regeln plädiert.

Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, hat die Diskussion gelobt. "Ich würde die Ausweitung der Frist für eine eigenständige Krankmeldung aus ärztlicher Sicht ausdrücklich begrüßen", sagte Reinhardt.

Während der Hartmannbund die Ergebnisse der Studie damit ausdrücklich begrüßte, äußerte Hilde Matheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Zweifel an deren Übertragbarkeit.

Die Bedingungen der Gesundheitsversorgung in beiden Ländern seien sehr unterschiedlich, sagte sie der "Ärzte Zeitung".

Die Möglichkeit, sich in Norwegen selber krankschreiben zu können, sei daher "eher der Not geschuldet als ein innovativer Ansatz."

Eine Woche selbst krankmelden?

Beschäftigte sollten sich nach dem norwegischen Beispiel für die Dauer von bis zu einer Woche selbst krankmelden können, zitierte die "Welt am Sonntag" das Forscherteam der Universität Magdeburg.

Eine Studie habe ergeben, so die Wissenschaftler, dass viele Arztbesuche nur erfolgten, um die ärztliche Bescheinigung zur Krankschreibung zu erhalten.

Falle ein Teil davon weg, würden die Hausärzte entlastet und könnten sich besser um die Behandlung von Patienten mit langwierigen Erkrankungen kümmern.

Der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn zeigte sich dafür aufgeschlossen. Der CDU/CSU-Fraktionsvize Michael Fuchs sagte der "Bild"-Zeitung dagegen: "Es muss für Unternehmer die Möglichkeit geben, Krankschreibungen zu überprüfen.

Sonst ist ein Missbrauch nicht ausgeschlossen." SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach argumentierte: "Die Gefahr ist zu groß, dass Erkrankungen nicht frühzeitig behandelt werden."

Gerade in einem frühen Stadium einer Erkrankung sei ein Arztbesuch sinnvoll.

Auch Matheis sieht dieses Risiko: "Die große Gefahr der Selbstkrankschreibung für die Patientinnen und Patienten liegt darin, dass sich hinter scheinbaren Bagatellbeschwerden auch ernsthafte Krankheiten verbergen, die dann unter Umständen erst später erkannt und behandelt werden könnten." (af/dpa)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 17.02.201507:54 Uhr

Zum "Veilchendienstag" ein Upgrade und Update!

Zur aktuellen Meldung im Deutschen Ärzteblatt: "POLITIK -Montag, 16. Februar 2015 - Bundesregierung: Kein Anlass für Änderung bei Krankschreibung"
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/61818
mein erweiterte Kommentar:

Da hat der Vorsitzende des Hartmannbundes (HB), Kollege Dr. med. Klaus Reinhardt, mal wieder nicht mitbekommen, worum es eigentlich geht? „Ich würde die Ausweitung der Frist für eine eigenständige Krankschreibung ausdrücklich begrüßen", erklärte er etwas einfältig. Doch Hintergrund ist, dass Wissenschaftler der Universität Magdeburg nur für eine Lockerung der Regeln bei Krankschreibungen plädieren, weil sie das deutsche System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit Lohnfortzahlung ignorieren bzw. ausgerechnet und ausschließlich mit Norwegens staatlichem Einheitsversicherungs-System vergleichen wollten.

Sozialpsychologisch kann man vielleicht eine Parallele zwischen Norwegen und Deutschland dahingehend erahnen, dass dort mit Erna Solberg eine weibliche Ministerpräsidentin und bei uns in Deutschland Frau Dr. Angela Merkel als Bundeskanzlerin regieren. Mögliche Parallelen aber in der Gesundheits-System-Forschung konstruieren zu wollen, ist m. E. völlig fehl am Platz.

Ein Blick auf die Landkarte genügt: Norwegen hat eine Fläche von 385.199 km² bei einer Einwohnerzahl von gut f ü n f Millionen Menschen (5.156.451 Einw. - Stand 1.10.2014). Deutschland dagegen beherbergt auf einer etwa zehn Prozent k l e i n e r e n Fläche von 357.340 km² eine Einwohnerzahl von gut a c h t z i g Millionen Menschen (80.767.000 Einw. - Stand 31.12.2013). Das ist knapp sechzehn Mal so viel!

Medizinsoziologisch und sozialmedizinisch ist die Bevölkerungsdichte für jedwede Versorgungsforschung essenziell: Sie beträgt in Deutschland 226 Einwohner pro km². Dagegen liegt die norwegische Bevölkerungsdichte nur bei 13 Einwohnern pro km². Dadurch entstehen wesentlich l ä n g e r e Wege, Versorgungsdisparitäten bzw. auch klimatisch bedingte Anfahrt-Hindernisse als in Deutschland. Viele medizinische Krankheits- und Versorgungs-Probleme müssen in Norwegen dies- und jenseits des Polarkreises deshalb besonders während der Wintermonate in der Basisversorgung mittels n i c h t ä r z t l i c h e r Intervention bewältigt werden. Deshalb die wesentlich selteneren, direkten Arzt-Konsultationen...

Was für ein brillante karnevaleske Burleske? Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Wolfgang Bensch 17.02.201500:03 Uhr

Schätze das Systemverständnis des Kollegen Schätzler

bedarf noch einer Korrektur:
Es sind keineswegs die Rentner, die verzweifelt Gesprächspartner in den Arztpraxen suchen ... es sind ökonomische Notwehrakte der Kassenärzte, die zur Behandlung von Kranken durchschnittlich viele Gesunde als Kompensation benötigen, um z.B. nicht regresspflichtig zu werden.

Dr. Hans-Uwe Daniels 16.02.201515:39 Uhr

Alaaf, helau ,tsching bumm!!!

Eigentlich weigere ich mich stets, Unsinn in irgendeiner Weise zu kommentieren. Sachlich ist dies im vorliegenden Fall eh nicht möglich.
Ich wundere mich nur, welche Fächer man studiert haben muß, und wie man promoviert und habilitiert hat, um als "FORSCHER" (was immer das auch sein mag) auf solche Ideen zu kommen. Ich bin nur noch sprachlos, und das als Rheinländer am Rosenmontag!! Kölle alaaf, Düsseldorf helau!!

Dr. Thomas Georg Schätzler 16.02.201514:16 Uhr

Karnevals-Kunden, Fastnacht-Jecken oder Faschings-Freunde?

Diese dpa-Meldung, pünktlich zur "Fünften Jahreszeit" mitten im Karnevalstrubel bezieht sich auf eine Verlautbarung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGUM):
"Warum gehen wir in Deutschland so häufig zum Arzt?
11.02.2015 - Magdeburger Wissenschaftler präsentieren ihre Ergebnisse einer deutsch-norwegischen Vergleichsstudie zur Inanspruchnahme hausärztlicher Leistungen am 17. Februar der Öffentlichkeit und am 18. Februar vor Fachkollegen...Die Inanspruchnahme ambulanter ärztlicher Versorgung ist in Deutschland im internationalen Vergleich ungewöhnlich hoch. Deutsche gehen durchschnittlich 17 Mal im Jahr zum Arzt, die Norweger dagegen nur fünf Mal."
http://www.med.uni-magdeburg.de/Presse/Pressemitteilungen/17_18_02_2015+h%C3%A4ufige+Arztbesuche-p-12990.html

"Dass durch eine eigenständige Krankmeldung der Beschäftigten die Zahl der Fehltage nicht nach oben schnellt, zeigen Erfahrungen aus Norwegen", behauptet Dr. Wolfram Herrmann, Leiter des Magdeburger Forscherteams. Dabei wird vergessen, dass im norwegischen Krankenversorgungs-System der gläserne Patient bereits Wirklichkeit ist. Ausnahmslos alle personenbezogenen Daten werden dort erfasst, evaluiert, zertifiziert und kontrolliert. Eine eigenmächtige Krankschreibung ohne triftige Gründe wird durch eine engmaschige Sozialversicherungs-Kontrolle konterkariert. Allein deshalb ist eine Vergleichbarkeit mit Deutschland gar nicht gegeben.

Das hindert die Veranstalter allerdings nicht, genau darüber ein Symposion abzuhalten:
http://www.med.uni-magdeburg.de/unimagdeburg_mm/Downloads/Pressestelle/News/2015/Abschlusssymposium+18_02_2015-p-39486.pdf

In den Bereich von "Quatsch Comedy-Club" reicht allerdings, dass die dpa einfach "karnevalistisch" behauptet, "Arbeitgeber verlangen in der Regel ab dem vierten Tag der Krankheit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Drei Tage kann ein Beschäftigter also nach eigener Entscheidung ohne ''Krankenschein'' zu Hause bleiben." Die Lebens- und Tarifvertrags-Wirklichkeit sieht anders aus: Alle Flächentarifverträge sehen a b dem dritten Tag des "Krankfeierns" eine ärztliche Nachweispflicht vor. Und diese gilt zur Überraschung vieler Patienten für die ersten drei K a l e n d e r t a g e und n i c h t nur die Arbeitstage.

Wer nach freiem Wochenende sich beim Arbeitgeber krank meldet, muss eine AU für den Montag als 3. Tag vorlegen. Dies gilt beim freitäglichen "Blaumachen" entsprechend. Nach SBG V dürfen Ärztinnen und Ärzte allerdings nur in A u s n a h m e f ä l l e n rückwirkend krankschreiben.

Also, liebe dpa-Redakteure und OVGUM-Forscher, weiter Narrenkappen tragen! Die Freiheit von Forschung und Wissenschaft erlaubt es.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

P. S.: Das mit den 17 Arztbesuchen pro Jahr für jeden GKV-Versicherten in Deutschland verursachen übrigens mehrheitlich die Rentnerinnen und Rentner, die sonst niemand mehr zum Reden haben. Arbeitnehmer haben für sowas keine Zeit.

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