Bei diesem Diätprogramm geht’s sogar zu McDonald’s

Von Heidi Niemann Veröffentlicht:

Immer mehr Kinder und Jugendliche sind zu dick, weil sie sich falsch ernähren und zu wenig bewegen. "Der Computer im Kinderzimmer hat diese Entwicklung noch verstärkt", sagt der Göttinger Ernährungswissenschaftler Professor Volker Pudel.

Mit einem speziell auf Jugendliche zugeschnittenen Trainingsprogramm will die Ernährungspsychologische Forschungsstelle der Universität Göttingen jetzt 13- bis 18jährigen dabei helfen, ihr Übergewicht langfristig los zu werden.

Das "Optifast-Junior-Programm" richtet sich an Jugendliche, die mindestens zehn Kilo zu viel wiegen und unter ihrem Übergewicht leiden. Unter ärztlicher Kontrolle können die Teilnehmer in dem 18wöchigen Kurs abnehmen und lernen, ihr Ernährungs- und Bewegungsverhalten zu ändern.

Am Anfang purzeln erst einmal die Pfunde. Die Jugendlichen erhalten eine spezielle Astronautenkost, mit der sie zunächst zwischen acht und zwölf Kilo abnehmen, berichtet Pudel. Dieses Erfolgserlebnis sei zwar wichtig, aber das sei nur der Anfang. Danach gehe es darum, das reduzierte Gewicht auch weiter zu halten. Das Team aus Medizinern, Psychologen, Ernährungsforschern und Bewegungsexperten nimmt deshalb bei den wöchentlichen Gruppentreffen die gesamte Lebensweise der Jugendlichen unter die Lupe.

Dabei geht es nicht nur um ihre Ernährungsgewohnheiten, sondern auch um andere Aspekte. "Übergewichtige Jugendliche haben oft psychische Probleme, weil sie nicht so akzeptiert werden", sagt der Göttinger Ernährungsexperte. Vor allem beim Sport hätten Dicke keine Chance.

Ebenso wie übergewichtige Erwachsene hätten auch dicke Kinder und Jugendliche häufig Hemmungen, beispielsweise ins Schwimmbad zu gehen. Da Bewegung aber mitentscheidend ist, gehen die Trainer mit den Jugendlichen ins Schwimmbad des Göttinger Universitätsklinikums. "Dort sind sie dann unter sich", sagt Pudel.

Die Teilnehmer des Optifast-Junior-Programms sollen sich nicht nur wieder mehr bewegen, sondern vor allem auch ein bewußteres Eßverhalten entwickeln. Dies soll ganz ohne erhobenen Zeigefinger abgehen: "Es gibt keine Verbote; vielmehr ist es verboten, etwas zu verbieten", formuliert Pudel.

Auch rigide Vorsätze, wie beispielsweise nie mehr Schokolade zu essen, machten keinen Sinn, da sich diese ohnehin nur wenige Tage halten ließen. Wichtig sei dagegen die sogenannte flexible Kontrolle, indem man sich zum Beispiel vornimmt, in der nächsten Woche nur noch mit zwei Tafeln Schokolade auszukommen.

Auch Fast Food ist nicht etwa rigoros verpönt: "Wir werden sogar zusammen zu McDonald’s gehen", kündigt Pudel an. Ein normaler Hamburger sei nämlich "im Fettbereich optimal", ein mehrstöckiger Burger dagegen nicht. Erwachsene, die sich selbst eine deftige Bratwurst einverleiben, hätten jedenfalls keinen Anlaß, sich über Hamburger essende Jugendliche aufzuregen, denn die Fettmenge in Wurst, Pommes und Mayo sei schlichtweg "nicht zu toppen".

Insgesamt sollen die Jugendlichen denn auch lernen, daß es nicht darum geht, nur noch möglichst wenig zu verputzen. "Kohlenhydrate kann man reichlich essen, aber Fett ist das Problem", sagt der Ernährungsforscher. Diese Dickmacher sollen die Teilnehmer ausfindig machen können.

Zu ihnen gehört unter anderen die Schokolade: "Das ist keine Süßigkeit, sondern eine Fettigkeit", meint Pudel. Die Jugendlichen lernen außerdem, welche Alternativen es beispielsweise zur Butter auf dem Brot gibt, und sie können austesten, welche fettarmen Produkte ihnen gut schmecken.

Mehr zum Thema

ÖGD-Bundeskongress

Sozial belastete Familien: Schwer erreichbar für Hilfe

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Tierexperiment: Neuer Signalweg identifiziert

Essen in Sicht? Die Leber ist schon aktiv!

Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer