Stammzellen sollen Arzneientwicklung erleichtern

HEIDELBERG (ple). Wer geglaubt hat, mit dem derzeit viel diskutierten Erfolg der Reprogrammierung von ausgereiften Zellen sei die Erforschung humaner embryonaler Stammzellen überflüssig, der muss enttäuscht werden. Die Zellen sind noch lange keine humanen embryonalen Stammzellen und somit kein Ersatz für die in Registern aufbewahrten Stammzellen.

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"Die Zellen, die wir durch Reprogrammieren erhalten haben, sind humanen embryonalen Stammzellen zwar sehr ähnlich, aber eben nicht mit ihnen identisch", so der japanische Arzt und Wissenschaftler Professor Shinya Yamanaka aus Kyoto. Wie er bei der Verleihung des Meyenburg-Preises Anfang der Woche in Heidelberg betonte, sei deshalb die Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen noch immer nötig.

Die durch eine optimierte Reprogrammierung entstandenen Stammzellen werden vor allem dazu beitragen, die Entstehung von Krankheiten besser zu verstehen sowie die toxikologische Forschung und die Suche nach neuen Medikamenten zu erleichtern, wie Yamanaka sagte. Vielleicht ließen sie sich auch eines Tages für die Zelltherapie nutzen.

Wie berichtet, war es dem Japaner erstmals gelungen, ausgereifte Hautfibroblasten von Probanden mit Hilfe von Retroviren als Genfähren in einen Entwicklungszustand zu versetzen, der dem humaner embryonaler Stammzellen sehr ähnlich ist. Die reprogrammierten Zellen werden als induzierbare pluripotente Stammzellen (iPS) bezeichnet, weil sie das Potenzial haben, sich in jede der mehr als 200 Zelltypen des Körpers zu verwandeln. Gelungen ist diese Reprogrammierung Yamanaka und seinen Kollegen in Kyoto sowie in San Francisco durch das Einschleusen der vier Gene Oct3/4, Sox2, c-Myc und Klf4.

Ohne Zweifel: Ein Anfang bei dem Versuch, humane embryonale Stammzellen zu schaffen, ohne Embryonen eine Woche nach Entwicklungsbeginn zu zerstören, ist gemacht. Doch auch Yamanaka ist klar, dass es noch ein sehr langer Weg bis zu einer echten Alternative für humane embryonale Stammzellen ist - verbunden mit der weiteren Forschung an humanen embryonalen Stammzellen. Wie er in Heidelberg sagte, müsse nun geprüft werden, wie sich die Teratogenität der iPS aus Fibroblasten verhindern lässt. In ersten Versuchen beobachtete Yamanaka bereits, dass iPS aus Hepatozyten oder Magenepithelzellen zumindest innerhalb von 30 Tagen nach Verpflanzung in Mäuse keine Tumoren auslösen. Warum es so große Unterschiede zwischen den reprogrammierten Zellen gibt, ist derzeit unklar. Manche Forscher vermuten, dass Mutationen in Fibroblasten die Karzinogenese fördern.

Eines der nächsten Ziele ist auch, Retroviren als Genfähren durch weniger gefährliche Viren oder ungefährliche andere Genfähren zu ersetzen.

Schließlich werden weitere Gene geprüft, die ausgereifte Zellen in einen frühen Entwicklungszustand zurückversetzen. Die Idee, dass es Faktoren gibt, die Entwicklungsuhr zurückdrehen können, kam Forschern beim Klonen durch die Übertragung eines Zellkerns in eine entkernte Eizelle - die Methode, mit der das Klonschaf Dolly geschaffen wurde. Wie sehr Forscher bei der Auswahl der Gene für einen solchen Reprogrammierungscocktail noch im Dunkeln tappen, macht die Bemerkung von Yamanaka bei der Veranstaltung am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg deutlich: "Für uns ist das Gen Klf4 noch ein mysteriöses Gen."

Nur vier Gene wurden eingeschleust.

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