Welche Strategie?

Dicke Kinder machen ratlos

Bei der Behandlung von adipösen Kindern und Jugendlichen stößt die Medizin an ihre Grenzen. Eine BZgA-Studie zeigt: Meist gelingt es nur, dass die jungen Patienten für kurze Zeit abspecken. Händeringend wird eine nachhaltige Strategie gesucht.

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Oft scheitert der Versuch, die Ernährung von adipösen Kindern langfristig umzustellen.

Oft scheitert der Versuch, die Ernährung von adipösen Kindern langfristig umzustellen.

© Werner Baum / dpa

KÖLN (iss). In Deutschland fehlt offensichtlich ein stringentes Konzept für eine effektive und nachhaltige Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen.

Die ambulanten und stationären Therapieangebote ermöglichen zwar kurzfristige Erfolge - aber nur selten eine dauerhafte Absenkung des Gewichts und eine Veränderung des Gesundheitsverhaltens.

Das zeigt die Beobachtungsstudie "Evaluation der Adipositastherapie bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland" im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen sind am Donnerstag beim Kongress der Deutschen Adipositas-Gesellschaft in Stuttgart vorgestellt worden.

Nur kurzzeitiger Erfolg

In die nicht kontrollierte multizentrische Kohortenstudie wurden zwischen Juli 2005 und Juli 2010 insgesamt 1916 übergewichtige Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis 16 Jahren einbezogen, die in 48 ambulanten und stationären Einrichtungen behandelt wurden.

Der durchschnittliche BMI bei Therapiebeginn betrug 29,98. 14 Prozent waren übergewichtig, 48 Prozent adipös und 38 Prozent extrem adipös. Das mittlere Alter lag bei 12,6 Jahren, 57 Prozent waren weiblich.

56 Prozent der Kinder und Jugendlichen konnten während der Maßnahmen ihr Gewicht reduzieren. Deutlich anders sieht es allerdings zwei Jahre nach Abschluss der Therapie aus. Nach zwei Jahren wogen nur noch 14 Prozent weniger als zu Beginn der Behandlung.

Auch bei anderen Parametern sind die Ergebnisse ernüchternd: Nur bei 18 Prozent führte die Therapie zu einer Verbesserung der psychischen Gesundheit und nur bei zehn bis 15 Prozent zu Veränderungen im Gesundheitsverhalten wie einer gesünderen Ernährung, der Steigerung der körperlichen Aktivität und der Reduzierung des Medienkonsums.

Prävention stärken

"Die Defizite in der Versorgung übergewichtiger Kinder und Jugendlicher zeigen, dass es bislang nicht gelungen ist, für diese Patienten effektive und konstante Programme und Beratungen zu schaffen", sagt BZgA-Direktorin Professor Elisabeth Pott.

Umso wichtiger sei es, hier die Gesundheitsförderung und die Prävention zu stärken, um Übergewicht von vornherein zu verhindern.

"Dies muss insbesondere auf kommunaler Ebene geschehen, um zum Beispiel Eltern direkt vor Ort für eine gesunde Ernährung und gesundes Bewegungsverhalten ihrer Kinder zu sensibilisieren", sagt Pott.

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