Diätvergleich

Wenig Zucker schlägt wenig Fett

Mit welcher Diät können sich Dicke am leichtesten von Pfunden trennen? Diese Frage beschäftigt Forscher seit Jahrzehnten. In einer neuen Studie schnitt eine kohlenhydratarme Ernährung am besten ab.

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Tragen simple Kohlenhydrate noch viel stärker zur Fettdeposition bei als gesättigte Fettsäuren?

Tragen simple Kohlenhydrate noch viel stärker zur Fettdeposition bei als gesättigte Fettsäuren?

© viperagp / fotolia.com

NEW ORLEANS. Das Französische Paradoxon kennt wohl jeder: Franzosen lieben fetten Käse, fette Pasteten und fette Milch, werden aber trotzdem nicht dick. Hingegen hat das Wachstum des Bauchumfangs in den USA dramatische Ausmaße angenommen - und das trotz eines erfolgreichen Kreuzzuges gegen jegliches Fett in der Nahrung.

Irgendwie scheinen die US-Bürger immer dicker zu werden, je weniger Fett sie essen. Schon lange liegt daher der Verdacht in der Luft, dass die US-Amerikaner den Fettverzicht mit Zucker und anderen simplen Kohlenhydraten kompensieren, die noch viel stärker zur Fettdeposition beitragen als die gesättigten Fettsäuren im Camembert.

 Diese Hypothese ist natürlich umstritten, und die Vertreter der Low-Fat-, Low-Carb- und Low-was-auch-immer-Diäten liegen sich bei der Multi-Milliarden-Dollar-Frage, wie dem Bauch- und Hüftfett am besten beizukommen ist, seit Jahrzehnten in der Wolle.

Auf einen wichtigen Etappensieg können sich nun die Fans einer Low-Carb-Diät freuen: In einer randomisiert-kontrollierten Vergleichsstudie nahmen die Dicken damit deutlich mehr ab als mit der Low-Fat-Ernährung.

Haben die Amerikaner also für lange Zeit den falschen Makronährstoff verteufelt? Wussten es die Franzosen schon immer besser?

Fünf Kilo in einem Jahr verloren

Ein Team um Dr. Lydia Bazzano von der Tulane University in New Orleans konnte für die Studie 148 fettleibige US-Bürger gewinnen - der BMI lag im Mittel bei 35 (Ann Intern Med 2014; 161: 309-318).

Im Gegensatz zu vielen anderen Studien dieser Art wurde darauf geachtet, dass die Beteiligten noch keinen Diabetes, kein metabolisches Syndrom und keine kardiovaskulären Erkrankungen aufwiesen. Sie waren also alle noch recht gesund. 85 Prozent gehörten zum weiblichen Geschlecht, die Hälfte war afroamerikanisch.

Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip in eine Low-Carb- und eine Low-Fat-Gruppe eingeteilt. In der Low-Carb-Gruppe bekamen sie einen Diätplan, der nicht mehr als 40 g Kohlenhydrate pro Tag vorsah, in der Gruppe mit fettarmer Ernährung sollte hingegen nicht mehr als 30 Prozent der Nahrungsenergie aus Fett stammen und nicht mehr als 7 Prozent aus gesättigten Fettsäuren.

Die Teilnehmer erhielten eine allgemeine Ernährungsberatung und auf die jeweilige Diät zugeschnittene Rezeptbücher, Menübeispiele, Einkaufslisten sowie Kalorien- und Nährstofftabellen.

Um sie bei der Stange zu halten, bekamen sie zudem von den Veranstaltern entweder täglich einen Riegel oder ein Getränk zugestellt.

Regelmäßiger Austausch mit Ernährungsberatern

Die Teilnehmer trafen sich regelmäßig mit einem Ernährungsberater, zudem wurden sie gelegentlich angerufen und gefragt, was und wie viel sie am vergangenen Tag gegessen hatten.

Daraus berechneten die Studienautoren die tägliche Kalorienaufnahme in den beiden Gruppen. Ein bestimmtes Kalorienziel wurde nicht gesetzt, alle drei Monate erfolgte eine medizinische Untersuchung und Kontrolle der wichtigsten Laborwerte.

Die wesentlichen Ergebnisse nach einem Jahr Studiendauer: Etwa 80 Prozent in beiden Gruppen hielten die Diät bis zum Ende durch. Die Teilnehmer mit der Low-Carb-Diät hatten im Mittel 5,3 kg Gewicht verloren, mit der Low-Fat-Diät waren es hingegen nur 1,8 kg.

Der Unterschied von 3,5 kg war mit einer Fehlerwahrscheinlichkeit von weniger als 0,1 Prozent statistisch hochsignifikant.

Ähnlich deutliche Unterschiede gab es auch bei der mageren Körpermasse (lean body mass). Sie hatte mit der Low-Carb-Diät um 1,3 kg zugenommen, entsprechend war die Fettmasse zurückgegangen.

Dagegen hatte die Fettmasse in der Low-Fat-Gruppe ganz im Sinne des Französischen Paradoxons weiter zugenommen (plus 0,3 kg).

Möglicherweise lag das auch daran, dass sich die Teilnehmer in dieser Gruppe etwas mehr Kalorien am Tag zuführten als in der Low-Carb-Gruppe (1530 versus 1450), der Unterschied war aber sicher nicht groß genug, um die Gewichtsdifferenz zwischen beiden Gruppen vollständig zu erklären.

Erstaunlich gute Compliance

Die Forscher um Bazzano stellten eine erstaunlich gute Compliance fest: In der Low-Fat-Gruppe blieben die Teilnehmer in der Tat im Mittel unter einem Fett-Kalorien-Anteil von 30 Prozent, in der Low-Carb-Gruppe war der Fettanteil in den ersten sechs Monaten doppelt so hoch, zum Ende der Studie hatten sich die Werte aber etwas angenähert.

In der Low-Carb-Gruppe erreichte zwar kaum jemand einen Wert von unter 40 g Kohlenhydrate pro Tag, aber mit im Mittel 100 g konsumierten die Teilnehmer über weite Strecken nur halb so viele Kohlenhydrate wie in der Low-Fat-Gruppe.

Auch hier näherten sich die Werte zum Studienende wieder etwas an. Die Bewegungsgewohnheiten waren in beiden Gruppen weitgehend konstant geblieben.

Überraschenderweise gab es zwischen beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede bei den LDL-Spiegeln - ein steigender LDL-Spiegel war in der Low-Carb-Gruppe befürchtet worden. In beiden Gruppen sank er leicht, bei den Teilnehmern mit Kohlenhydrat-reduzierter Ernährung sogar noch etwas stärker.

Dagegen stieg der HDL-Wert in der Low-Carb-Gruppe signifikant stärker an, in dieser Gruppe ging zugleich der Triglyzeridwert als auch der Wert für C-reaktives Protein deutlich zurück, wohingegen der Triglyzeridwert in der Low-Fat-Gruppe konstant blieb, und die Konzentration für C-reaktives Protein sogar leicht zunahm.

Entsprechend ließ sich das kardiovaskuläre Risiko - gemessen mit dem Framingham-Score -in der Gruppe mit Low-Carb-Ernährung deutlich senken, wohingegen es in der Low-Fat-Gruppe leicht stieg.

Nach den Daten von Bazzano wäre eine kohlenhydratarme Diät also einer fettarmen Diät vorzuziehen, sowohl was den Erfolg beim Abspecken betrifft als auch mit Blick auf das kardiovaskuläre Risiko.

Dem werden die Anhänger anderer Diäten sicher heftig widersprechen - und hoffen, dass die nächste Studie wieder zu einem ganz anderen Ergebnis kommt. (mut)

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