COPD

Erneuter Peak abends hilft in der Nacht

Die Atemnot bei COPD-Patienten ist nicht immer gleich. Professor Adrian Gillissen vom Klinikum Kassel empfiehlt, im Falle von nächtlichen Beschwerden die medikamentöse Therapie anzupassen.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

Professor Dr. Adrian Gillissen

Erneuter Peak abends hilft in der Nacht

© Privat

Aktuelle Position: Seit 2010 Direktor der Klinik für Lungen- und Bronchialmedizin am Klinikum Kassel.

Karriere: Bis zum Wechsel nach Kassel Direktor der Robert-Koch-Klinik im Klinikum St. Georg in Leipzig sowie Professor für Pneumologie an der Universität Leipzig. Gillissen ist Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Lungenstiftung e.V. und war außerdem mehrere Jahre Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP).

Schwerpunkte: Lungenkrebs, COPD und Asthma

Ärzte Zeitung: In welchen Situationen haben typische COPD-Patienten die meisten Beschwerden?

Professor Adrian Gillissen: Am häufigsten berichten Patienten über frühmorgendliche Beschwerden. Es fällt ihnen schwer, aufzustehen. Das Luftholen strengt sie an. Sie haben Anlaufschwierigkeiten. Teilweise geht das einher mit nächtlichen Beschwerden und Schlafstörungen, aber das ist nicht zwingend.

Woran liegt es, dass die Beschwerden morgens oft am Ausgeprägtesten sind?

Gillissen: Ein Grund ist sicher, dass die meisten COPD-Medikamente am Morgen eingenommen werden. Entsprechend wird vor dem Aufstehen der Talspiegel erreicht, was mit vermehrten Symptomen einhergeht. Das erklärt allerdings nicht, warum die Symptomatik bei COPD-Patienten auch intraindividuell stark schwanken kann.

Es gibt Tage, da geht es, und andere, da sind die ersten Stunden eine Qual. Woran das liegt, ist letztlich unklar. Wahrscheinlich gibt es keine einzelne Erklärung. Menschen sind unterschiedlich.

Gibt es nichtmedikamentöse Maßnahmen, die Sie den Patienten mit ausgeprägter morgendlicher Symptomatik empfehlen können?

Gillissen: Wenige. Manche Patienten machen gute Erfahrungen mit Atemübungen nach dem Aufwachen, insbesondere mit der Lippenbremse. Vor allem bei Lungenemphysem kann das helfen, die Bronchien offen zu halten, auch tagsüber übrigens.

Sauerstoff ist für manche Patienten eine Option. Aber hier sollte man sich schon an die Leitlinien halten. Dafür, dass eine "Sauerstoffdusche" von 15 Minuten helfen könnte, gibt es keine Evidenz. Einen belegten therapeutischen Nutzen haben wir erst bei einer Behandlung von 16 Stunden am Tag. Es gibt Patienten mit nächtlicher Hypoxämie, bei denen eine nächtliche Behandlung über acht Stunden reicht, aber das sind Ausnahmen.

Grundsätzlich gilt: Die Hypoxämie muss nachgewiesen werden, genauso wie die individuelle Wirksamkeit der Sauerstoffgabe.

Wie erfolgsträchtig sind Veränderungen bei der Medikation?

Gillissen: Das ist die Maßnahme, mit der wir am meisten erreichen. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder man verschiebt den Einnahmezeitpunkt der langwirksamen Einmalpräparate, Betamimetika oder Anticholinergika, mehr in Richtung Abend. Oder man nutzt ein Präparat, das zweimal täglich gegeben wird und dafür auch zugelassen ist.

Was sind die Vorteile der zweimal täglichen Gabe?

Gillissen: Mit der zweimal täglichen Gabe erzeugen wir am Abend einen erneuten Peak bei der Serumkonzentration, der den Patienten dann nachts zugute kommt. Das ist in Studien gut zu sehen.

Die Patienten bekommen nach der erneuten Gabe mehr Luft und starten damit besser in die Nacht. Dadurch erhöht sich die Schlafqualität und damit die gesamte Lebensqualität. Und morgens haben die Patienten weniger Symptome.

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