Experten raten

COPD-Check sollte Standard werden

Anlässlich des heutigen Welt-COPD-Tages machen Experten auf die ausgeprägte Unterdiagnose der Erkrankung aufmerksam. Sie fordern, besonders Risikopatienten früher auf Symptome zu untersuchen.

Von Friederike Klein Veröffentlicht:
Messung der Lungenfunktion: Bei der Spirometrie kommt es auf eine gute Mitarbeit des Patienten an.

Messung der Lungenfunktion: Bei der Spirometrie kommt es auf eine gute Mitarbeit des Patienten an.

© ECARF

MÜNCHEN. Die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung wird oft nicht oder erst bei einer schweren Exazerbation diagnostiziert. Das scheint sich über die Jahre nicht wesentlich verändert zu haben.

So betrug laut Professor Joan B. Soriano aus Palma de Mallorca der Anteil unterdiagnostizierter Patienten mit COPD-Symptomen in einer spanischen Studie aus dem Jahr 1997 78 Prozent, zehn Jahre später waren es mit 73 Prozent immer noch ähnlich viele (Eur Respir J 2010; 36: 758-765).

Die Gründe dafür sind auf der Seite der Patienten mindestens ebenso sehr wie auf Seiten der Ärzte zu suchen, erläuterte Professor Onno Constant Paul van Schayck, Maastricht, beim Kongress der European Respiratory Society (ERS) in München.

Patienten sprechen nicht über ihre Symptome - sie fürchten die Konsequenz des Rauchstopps, adaptieren ihren Lebensstil an die eingeschränkte Leistungsfähigkeit und ignorieren ihre Symptome als Zeichen einer Erkrankung.

Zum anderen diagnostizieren aber auch Ärzte nicht immer eine COPD bei Präsentation der Symptome. So fand van Schayck in einer Studie in Nordholland bei 7 Prozent der Probanden aus der Allgemeinbevölkerung Obstruktion und COPD-Symptome, davon hatte aber nur ein Drittel jemals mit dem Arzt über die Symptome gesprochen.

Umgekehrt hatte ein Fünftel derjenigen, die ihren Arzt wegen der Symptome aufgesucht hatten, keine COPD-Diagnose erhalten.

Risikogruppen screenen!

Ein Screening der Allgemeinbevölkerung ist nach van Schaycks Meinung nicht sinnvoll, wohl aber das von Risikogruppen, allen voran der Raucher. Dazu steigt das Risiko für eine COPD mit zunehmendem Alter und mit chronischen Komorbiditäten sowie stark zunehmendem Husten.

So lassen sich klinisch Hochrisikopatienten definieren, die sich einer Spirometrie zur Abklärung unterziehen sollten. Symptombasierte Fragebögen wie der von van Schayck mitentwickelte, können bei der Selektion der Patienten für die Spirometrie helfen, diagnostische Sicherheit bieten sie aber nicht.

Zudem sollte die Erstansprache in der Praxis stattfinden: In einer Studie führte die praxisgestützte Initiierung der Testung - Fragebogen, dann gegebenenfalls Spirometrie - effektiver zur COPD-Diagnose und war kostengünstiger als ein Internetangebot mit Fragebogen, das bei entsprechenden Ergebnissen Teilnehmer aufforderte, einen Arzt aufzusuchen (Prim Care Respir J 2013; 22: 331-337).

Chancen der Frühdiagnose nutzen

Dass eine frühe Diagnose der COPD Sinn macht, steht für Professor Dr. David MG Halpin, Exeter (Großbritannien) außer Frage, denn es gebe eine Reihe von Chancen:

  • Bereits bestehende Symptome könnten sich durch die Behandlung bessern,
  • frühere Maßnahmen könnten möglicherweise den Krankheitsverlauf beeinflussen,
  • es gebe Chancen, die Patienten früh zu schulen,
  • Lebensstil-Interventionen (Rauchstopp, Ernährung, Bewegung) könnten früher einsetzen,
  • das Erkennen von Exazerbationen könne zu einer frühzeitigen Therapie führen,
  • die Pharmakotherapie könne frühzeitig eingeleitet werden.

Zudem sei der Abfall in der Lungenfunktion und der Lebensqualität gerade zu Beginn der COPD-Erkrankung erheblich und größer als bei einer Verschlechterung in späteren Stadien, weshalb frühzeitig gegengesteuert werden sollte (Respir Med 2011; 105: 57-66).

In Großbritannien geht man davon aus, dass dies auch kosteneffektiv ist. Wird eine COPD wie bisher oft erst bei der Einweisung ins Krankenhaus wegen einer Exazerbation diagnostiziert, treten schon im Vorfeld hohe Kosten für das Gesundheitswesen auf. Eine frühere Diagnose könnte in diesem Bereich allein in Großbritannien geschätzt 1 Milliarde Pfund in 10 Jahren einsparen.

Halpin sieht vor allem die Hausärzte in der Pflicht, die Symptome einer COPD genauso regelhaft zu erfassen wie den Blutdruck oder die Blutfette und bei Verdacht eine Spirometrie anzubieten. Dr. Diego Castillo Villegas, Barcelona (Spanien) geht noch weiter: Er plädiert für das Angebot der Spirometrie in Apotheken, Einkaufszentren oder am Arbeitsplatz.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kommentar zu Allergenbelastung

Wenn der Bauernhof-Effekt zum Stall-Luftschloss wird

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Abb. 2: TriMaximize-Studie: Verbesserung der Lebensqualität nach Umstellung auf extrafeine Dreifachfixkombination

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [8]

Mittelgradiges bis schweres Asthma bronchiale

Bessere Kontrolle und Lebensqualität unter inhalativer Triple-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Chiesi GmbH, Hamburg
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Nachgefragt bei Kammern und KVen

Dass Behandlungen abgelehnt werden, kommt selten vor

Zwei Phase-III-Studien gescheitert

Semaglutid wirkt nicht gegen Alzheimer

Lesetipps
Fünf Menschen im Wartezimmer.

© Tyler Olson / stock.adobe.com

Einteilung in fünf Gruppen

Diabetes: Risiken für Komorbiditäten vom Subtyp abhängig