(Ex-)Raucher

Normale Lungenfunktion und trotzdem COPD-krank?

Viele (Ex-)Raucher mit Atemwegssymptomen haben nach den Ergebnissen der Spirometrie keine COPD - doch ihre Beschwerden und Befunde zeigen klare Übereinstimmungen.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Spirometrie: Die Untersuchung reicht womöglich nicht zur COPD-Diagnose.

Spirometrie: Die Untersuchung reicht womöglich nicht zur COPD-Diagnose.

© Mathias Ernert / Uniklinik Heidelberg

SAN FRANCISCO. Die Diagnose einer COPD setzt voraus, dass das Verhältnis aus Einsekundenkapazität (FEV1) und forcierter Vitalkapazität (FVC) nach Anwendung eines Bronchodilatators kleiner als 0,7 ist. US-amerikanische Ärzte haben allerdings Zweifel an der Angemessenheit dieses Kriteriums.

Durch die spirometrische Definition werde möglicherweise nicht die gesamte Bandbreite der ja oft durchs Rauchen verursachten Lungenerkrankung abgedeckt, vermuten die Ärzte um Prescott Woodruff von der University of California in San Francisco.

Sie haben festgestellt, dass Exazerbationen, Aktivitätseinschränkungen und Befunde einer Atemwegserkrankung bei symptomatischen (Ex-)Rauchern mit erhaltener Lungenfunktion häufiger als bei beschwerdefreien (Ex-)Rauchern nachzuweisen sind (NEJM 2016; 374:1811-21).

An der prospektiven Beobachtungsstudie waren 1812 aktive oder ehemalige Raucher mit mindestens 20 Packungsjahren und 199 gesunde Nichtraucher beteiligt.

Signifikant häufiger Exazerbationen

Die (Ex-)Raucher waren je nach FEV1/FVC in Patienten mit erhaltener Lungenfunktion (= 0,7) oder mit leichter bis mittelschwerer COPD und abhängig vom CAT-Score in Patienten ohne (< 10 Punkte) und mit Symptomen (= 10 Punkte) eingeteilt worden.

In der Gruppe der (Ex-)Raucher mit erhaltener Lungenfunktion (n = 829) waren 50 Prozent der Teilnehmer symptomatisch.

Diese Patienten erlitten im Lauf der Nachbeobachtung (median: 829 Tage) signifikant häufiger Exazerbationen als (Ex-)Raucher ohne Symptome oder Gesunde.

Pro Jahr kam es zu 0,27 vs. 0,08 bzw. 0,03 akuten Verschlechterungen der Beschwerden, die zum Einsatz von Antibiotika, systemischen Kortikosteroiden oder Krankenhauseinweisungen führten.

Im 6-Minuten-Gehtest schnitten die symptomatischen (Ex-)Raucher ebenfalls am schlechtesten ab. Sie legten im Mittel 79,8 Prozent der erwarteten Strecke zurück, die asymptomatischen (Ex-)Raucher 89,3 Prozent und die Nichtraucher 89,2 Prozent.

Die detaillierte Auswertung der Lungenfunktionswerte lieferte bei den (Ex-)Rauchern mit Beschwerden zudem häufiger als bei den beschwerdefreien Hinweise auf eine okkulte Lungenerkrankung, zum Beispiel mit einer FEV1 von 94,1 Prozent vs. 98,5 Prozent vom Soll.

Darüber hinaus zeigte sich per hochauflösende CT eine stärkere Verdickung der Atemwege, allerdings ohne Zunahme von Emphysem-Arealen.

Atemwegsmedikamente häufig verwendet

Die Unterschiede bei Exazerbationen, 6-Minuten-Gehstrecke und Lungenfunktion blieben auch dann erhalten, wenn der Einfluss von anderen Faktoren wie Alter, Geschlecht, BMI, Raucherstatus, Asthma und Herzinsuffizienz berücksichtigt wurde.

Die symptomatischen (Ex-)Raucher verwendeten trotz erhaltener Lungenfunktion häufig Atemwegsmedikamente.

Nach Ausschluss von Asthmapatienten nutzten 29 Prozent inhalative Bronchodilatatoren und 22 Prozent inhalative Kortikosteroide. Die Autoren weisen darauf hin, dass es für diese Therapien keine Evidenz gibt.

Sie fordern, die Gruppe der symptomatischen Raucher mit Spirometriewerten im Normbereich stärker zu untersuchen, um ihnen eventuell geeignetere Behandlungen anbieten zu können.

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