Husten bei Kindern

Lange Spurensuche

Infektionen, Asthma, Fremdkörperaspiration: Chronischer Husten bei Kindern kann bekanntlich viele Ursachen haben. Ein Pädiater gibt Tipps, worauf bei der Diagnostik zu achten ist.

Von Roland Fath Veröffentlicht:
Lange Spurensuche

© Christian Harberts / iStock / Thinkstock

HAMBURG. Bei Kindern mit chronischem, länger als vier Wochen anhaltenden Husten ist die Spurensuche mitunter schwierig. Wegweisend sind die Qualität des Hustens (bellend, röhrend, produktiv, trocken), der Auskultationsbefund und das Timing des Hustens, zum Beispiel nachts oder unter Belastung.

Anamnese und Auskultation sind zunächst die wichtigsten Instrumente bei der Differenzialdiagnose. Ist ein Giemen oder Stridor zu hören, deutet dies auf eine Obstruktion hin, erinnerte Professor Jürgen Seidenberg vom Klinikum Oldenburg bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Rasselgeräusche können durch eine Bronchiolitis oder Alveolitis ausgelöst werden, eine Bronchophonie ist ein möglicher Hinweis auf eine Pneumonie und eine Seitendifferenz für einen Erguss, eine Atelektase oder eine Überblähung. Die Auskultation kann auch den Verdacht einer Fremdkörperaspiration verstärken, die bei 70 Prozent der Betroffenen mit Husten einhergeht. Bei etwa der Hälfte der Kinder mit Fremdkörperaspiration sind die Atemgeräusche abgeschwächt oder es ist beim Atmen ein Pfeifen zu hören, so Seidenberg.

Qualität des Hustens liefert Hinweise

Die Qualität des Hustens liefert wichtige Hinweise auf die Ursache. Bei Kleinkindern liegt häufig ein feucht-schleimiger Husten vor, der meist nicht produktiv ist, weil der Schleim runtergeschluckt wird, sagte der Pädiater. Diese Kinder leiden häufig an einer protrahierten bakteriellen Bronchitis, ausgelöst überwiegend durch eine Infektion mit Haemophilus influenzae, Streptococcus pneumoniae oder Moraxella catarrhalis. Betroffen sind nach Erfahrung von Seidenberg meist Kinder unter zwei Jahren, die häufig länger als ein Jahr Husten hätten.

Viele Betroffene würden mit Antiasthmatika behandelt. Für eine Symptomfreiheit sind häufig zwei, in seltenen Fällen auch mehr antibiotische Zyklen notwendig. Bei Kindern mit feucht-schleimigem Husten sollte aber auch an Immundefekte, an Mukoviszidose und eine chronische Sinusitis aufgrund vergrößerter Adenoide, auch upper airway cough syndrom (UACS) genannt, gedacht werden. Zu den Therapieoptionen bei UACS zählen nasale Steroide, bei Verdacht auf eine allergische Anamnese auch Antihistaminika und Leukotrienantagonisten.

Auch ein Stakkatohusten wird häufig durch eine Infektion ausgelöst, etwa durch Chlamydien oder durch RS-Viren. Ist am Ende der Ausatmung ein Keuchen zu hören, sollte auch an Pertussis gedacht werden, so Seidenberg. Er erinnerte an eine britische Studie bei 170 Schulkindern mit persistierendem Husten. Bei mehr als zwei Drittel der Patienten ergaben sich serologische Hinweise auf eine akute Pertussisimpfung, obwohl 86 Prozent der Kinder eine Grundimmunisierung erhalten hatten (BMJ 2006; 333:1 74-7).

Verdacht auf Asthma

Bei trockenem Husten, vor allem unter körperlicher Belastung und nachts, besteht dringender Verdacht auf ein cough-variant-Asthma, sagte Seidenberg. Als Risikofaktoren für ein meist allergisches Asthma im Schulkindalter nannte er positive Familienanamnese, atopisches Ekzem im Säuglingsalter, frühe Sensibilisierung (Hühnereiweiß, Hausstaubmilbe, Tierhaare) , drei oder mehr obstruktive Bronchitiden, Giemen im infektfreien Intervall und vermehrte Eosinophile. Ist die Diagnose unklar, kann auch ein Therapieversuch mit inhalativem Kortikosteroid (plus LABA) über 2-3 Wochen erfolgen, berichtete Seidenberg. Höre der Husten auf, liege Asthma beziehungsweise eine Asthma-ähnliche Erkrankung vor, sonst müsse weitergefahndet werden. Auch bei anhaltendem produktivem Husten kann ein diagnostischer Therapieversuch mit Antibiotika erfolgen. Sei der Husten in 2-3 Wochen vorbei, lag eine protrahierte Bronchitis vor, sonst sei eine weitere Diagnostik erforderlich.

Bei unklarem röhrendem Husten, "wie eine kanadische Wildgans", so der Pädiater, sollte an einen habituellen Husten gedacht werden, früher auch als Tic-artiger oder psychogener Husten bezeichnet. Häufig sei er vor allem bei Jungs im Alter von 7-10 Jahren und typischerweise hätten die Kindern vor allem in Gegenwart von Eltern oder Lehrern extrem störenden Husten. Es gibt keine somatische Ursache, kann aber über Monate gehen, so Seidenberg. Hustenmedikamente seien in der Regel nicht wirksam. Durch Aufklärung über "eine schlechte Angewohnheit" oder einen möglichen Erinnerungshusten nach einem Infekt seien aber oft innerhalb kurzer Zeit Erfolge zu erzielen.

Als weitere Ursachen eines chronischen Hustens nannte Seidenberg eine Bronchitis fibroplastica, die zu produktivem Husten mit Fibrinfäden führt, Husten in Verbindung mit Thoraxschmerzen, die auf eine Arrhythmie, Embolie, eine Pneumonie oder eine Pleuritis hindeuten können, sowie angeborene Herzfehler mit begleitenden Gefäßanomalien oder Herzinsuffizienz.

Risikofaktoren für Asthma bei Kindern

Positive Familienanamnese

Atopisches Ekzem im Säuglingsalter

Frühe Sensibilisierung (Hühnereiweiß, Hausstaubmilbe, Tierhaare)

Drei oder mehr obstruktive Bronchitiden

Giemen im infektfreien Intervall

Vermehrte Eosinophile

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