Falscher Alarm

"Blind" durch Smartphone im Bett

Britische Ärzte weisen auf ein eigentlich normales Phänomen hin, um teuren Untersuchungen vorzubeugen und um Patienten zu beruhigen.

Veröffentlicht:

LONDON. Werden Smartphones im Bett benutzt, kann das eine vorübergehende "Blindheit" verursachen, berichten Forscher von City University London, Moorfields Eye Hospital, King's College London und National Hospital für Neurologie und Neurochirurgie (NEJM 2016; 374:2502-2504). Obwohl die Erfahrung völlig harmlos sei, möchten die Autoren vor allem Ärzte auf das Phänomen hinweisen, um teuren Untersuchungen vorzubeugen, aber auch, um Patienten zu beruhigen, teilt die der City University London angeschlossene Cass Business School mit.

Die Forscher beschreiben in ihrer Veröffentlichung die Kasuistiken von zwei Frauen, die Sehstörungen auf einem Auge hatten. Das Team fand heraus, dass, wenn die Patientinnen ihr Smartphone im Bett betrachteten, die beobachteten Symptome auf die Adaption ihrer Augen an das entsandte Licht des Gerätes zurückzuführen sind. Während sich das betrachtende Auge an das Licht anpasst, passt sich das durch das Kissen bedeckte Auge an die Dunkelheit an.

Die Folge: Wenn beide Augen in der Dunkelheit geöffnet werden, wird das lichtadaptierte Auge als "blind" empfunden. Dieser Effekt ist bekannt als differenzielles Bleichen der Fotopigmente und dauert ein paar Minuten, heißt es in der Mitteilung.

Obwohl dieser Effekt nicht auf Smartphone-Nutzung beschränkt sei, werde er aufgrund der weiten Verbreitung solcher Geräte immer häufiger beobachtet, so die britischen Wissenschaftler. Die beschriebene Reaktion der Augen wurde auch schon in der Vergangenheit beobachtet. In der Neuroophthalmologie ist ein ähnliches Phänomen bekannt: die "Carsongenische Blindheit", benannt nach der Johnny Carson Show, entsteht aufgrund der Gewohnheit mit einem geschlossenen Auge im Bett fernzusehen. Der gleiche Effekt wird vor allem dann festgestellt, wenn Patienten mit Grauem Star, bei denen nur von einem Auge das Zentrum der Linse betroffen ist, helle Lichtquellen mit beiden Augen betrachten - also nicht nur bei Smartphones. Das differenzielle Bleichen von Fotopigmenten bewirkt in beiden Augen einen relativen Verlust des Sehvermögens, sobald der Blick in Richtung dunklere Bereiche gewendet wird, wobei das nicht getrübte Auge den größeren Verlust an Lichtempfindlichkeit zeigt. "Unsere Fälle zeigen, dass eine genaue Befragung des Patienten sowie Verständnis der Physiologie der Netzhaut, Arzt und Patient helfen können und so unnötige Angst und teure Untersuchungen vermieden werden können", wird John Barbur, Professor für "Optics & Visual Science" an der City University London und Co-Autor der Veröffentlichung, zitiert. (mal)

Mehr zum Thema

Deutlicher Effekt bei Diabeteskranken

Schützen GLP-1-Analoga vor Glaukomen?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Inkretinmimetika

GLP-1: Wie aus dem kleinen Hormon ein Rockstar wird

Risikoanalyse

Komplikation nach Hernien-Operation: Wer ist gefährdet?

Lesetipps
Mehrkosten für die Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung seien Investition in den Erhalt der Praxen, betont Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. 

© Michael Kappeler / dpa

Kabinett winkt GVSG durch

Lauterbach macht Hausarztpraxen Mut: „Jede Leistung wird bezahlt“

Brücke zwischen zwei Steilklippen. Auf der Brücke stehen zwei Menschen.

© Usman / stock.adobe.com

Aktuelle Forschung

Antikörper – die Verkuppler der Krebsmedizin

Heiße Nächte können nicht nur nervig sein. Sie gehen auch mit einem höheren Risiko für Schlaganfälle einher, so das Ergebnis einer Studie aus München und Augsburg.

© samuel / stock.adobe.com

Studie mit Daten zu 11.000 Schlaganfällen

Tropische Nächte sind offenbar ein Risikofaktor für Schlaganfälle