Neue Demenzleitlinie wird auch auf Multimorbidität eingehen

Zur Demenz gibt es viele Leitlinien. Multimorbide Patienten kommen darin jedoch nur selten vor.

Von Petra Eiden Veröffentlicht:

In den mehr als 40 internationalen und nationalen Demenz-Leitlinien werden die Probleme mit multimorbiden Patienten oft nicht berücksichtigt. Leitlinien haben zweifelsohne Vorteile: Sie zwingen Ärzte dazu, Entscheidungen zu reflektieren, aber Ärzte können sich auch besser gegen Ansprüche von Patienten oder Krankenkassen zur Wehr setzen, wenn sie Leitlinien befolgen. Da bei Demenz unterschiedliche Klassifikationskriterien zu unterschiedlichen Einschätzungen der Patienten kommen, können Leitlinien dazu beitragen, Therapie und Diagnostik zu standardisieren, erläuterten Geriater in Berlin beim Zukunftsform Demenz, einer Initiative des Unternehmens Merz.

Professor Lutz Frölich aus Mannheim räumte ein, dass Leitlinien immer auf einem idealtypischen Patienten basieren und daher individuelle Entscheidungen notwendig bleiben. Professor Gerd Glaeske aus Bremen sah ein weiteres Problem bei geriatrischen Patienten, die einen Großteil der Dementen ausmachen. Denn in der Berliner Altersstudie lagen bei den 80- bis 84-Jährigen im Schnitt 8,4 Organdiagnosen vor. Viele Leitlinien würden jedoch auf Multimorbidität, Polypharmazie und Priorisierung von Therapien nicht eingehen.

Irrsinn: 12 Arzneien in 19 Dosen zu fünf Zeiten.

Die möglichen Folgen machte eine Publikation deutlich, in der bei einer typischen geriatrischen Patientin mit fünf chronischen Erkrankungen Leitlinien strikt angewendet worden waren: Danach benötigte die Frau zwölf Medikamente, die zu fünf Tageszeiten in 19 Einzeldosen eingenommen werden mussten. Hinzu kamen 20 Ratschläge zur Lebensführung und Diät. "Das ist im Alltag nicht umzusetzen und teilweise sogar schädlich", warnte Glaeske. Er forderte daher verständliche, transsektoral orientierte Leitlinien mit Priorisierungsvorschlägen zur Behandlung multimorbider Patienten, besonders solcher mit Demenz.

Für Hausärzte sind Leitlinien nach Ansicht von Dr. Peter Landendörfer aus Heiligenstadt nur von begrenztem Nutzen, weil bei ihren Patienten häufig keine definierten Diagnosen, sondern verschiedene Gesundheitsprobleme vorliegen. Auch werden wichtige Aspekte für die Lebensqualität nicht berücksichtigen, wie Zahnstatus oder Schluckstörungen. Ein weiteres Problem: Leitlinien klammern oft auch Kombinationstherapien aus. Frölich kündigte eine S3-Leitlinie zur Demenz an, die derzeit von mehreren Fachgesellschaften erstellt und im Laufe des Jahres veröffentlicht wird.

Leitlinien online:

DEGAM: www.uni-duesseldorf.de/AWMF

DGN: www.dgn.org

IQWiG: www.iqwig.de

Lesen Sie dazu auch: "Wichtiges Ziel bei der Betreuung alter Patienten ist, die Selbstbestimmung zu erhalten"

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