Intaktes Proinsulin im Blut ist guter Risikomarker für Typ-2-Diabetes

MÜNCHEN (wst). Insulinresistenz und Fehlfunktion der Beta-Zellen sind die Hauptursachen des Typ-2-Diabetes, die der manifesten Erkrankung um vier bis zehn Jahre vorausgehen. Ein wichtiger Marker für einen Beta-Zell-Defekt ist intaktes Proinsulin im Blut. Dieses zu bestimmen, wird deshalb in absehbarer Zukunft erhebliche Bedeutung in der Frühdiagnostik und Verlaufskontrolle des Typ-2-Diabetes gewinnen.

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Das hat Professor Andreas Pfützner aus Mainz auf einem Presseworkshop des Unternehmens Lilly in München betont. Wie der Diabetologe erinnerte, wird Proinsulin in den Beta-Zellen des Pankreas produziert und gespeichert. Durch proteolytische Abspaltung von C-Peptid entsteht aus dem Proinsulin das Insulin.

Blutzuckerwerte können zunächst unauffällig sein

Bei Gesunden findet sich kaum intaktes Proinsulin im Blut. Wird aber, begünstigt durch Insulinresistenz und genetische Vulnerabilität der Bauchspeicheldrüse, die Spaltungskapazität der Beta-Zellen zunehmend überfordert, gelangt immer mehr intaktes Proinsulin ins Blut. Die Blutzuckerwerte können dabei zunächst noch weitgehend unauffällig sein.

Inzwischen stehen hoch spezifische Tests zur Messung intakten Proinsulins im Blut zur Verfügung, mit denen die Labore allerdings erst in einigen Monaten flächendeckend gerüstet sein werden.

Liegt in einem solchen, etwa 20 Euro teueren Test die Konzentration intakten Proinsulins im Plasma bei über 11 pmol/l, ist mit einer praktisch 100prozentigen Sicherheit von einer fortgeschrittenen Beta-Zell-Dysfunktion auszugehen. Eine Therapie des Patienten mit Sulfonylharnstoffen oder anderen Sekretagoga scheint dann nicht mehr sinnvoll, zumal damit vor allem auch die Proinsulinspiegel weiter in die Höhe getrieben würden, wie Pfützner erläuterte.

Proinsulin sei jedoch nicht nur ein Risikomarker für Diabetiker und Prädiabetiker, sondern auch ein Risikofaktor, fuhr der Experte fort.

Schutz der Beta-Zellen mit Diät, Bewegung und Medikamenten

Denn auch wenn Proinsulin nur etwa zehn Prozent der blutzuckersenkenden Potenz von Insulin besitzt, so fördert es dennoch stark die Adipogenese, forciert die Atherosklerose, hemmt die Fibrinolyse und trägt so konzertiert zur hohen kardiovaskulären Mortalität bei Patienten mit gestörtem Zuckerstoffwechsel bei.

Angesichts dieser Zusammenhänge müsse der möglichst frühe Schutz der Beta-Zelle und die Senkung des Proinsulinspiegels stärkeres Gewicht in der diabetologischen Therapie und Prävention gewinnen. Als geeignete Maßnahmen nannte Pfützner zusätzlich zu diätetischen Korrekturen viel Bewegung sowie je nach Bedarf eine medikamentöse Therapie mit Metformin, Glitazonen und/oder Insulin. Als zukünftige Therapieoption sind spezielle Inkretin-Mimetika wie Exenatide vielversprechend (wir berichteten).

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