"Für einen Diabetiker gibt es generell nichts Besseres als Sport"

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Von Pete Smith

Dimo Wache ist kein Kind von Traurigkeiten. Als der Torhüter des Fußball-Bundesligisten FSV Mainz 05 mit seinem Verein vergangenes Jahr in die höchste deutsche Spielklasse aufgestiegen ist, da hat er eigenen Angaben zufolge eine ganze Woche lang gefeiert. "Meine Blutzuckerwerte waren danach nicht so prall", erinnert sich der 1,94 Meter große Athlet und lacht. "Aber das habe ich ganz schnell wieder in den Griff bekommen."

Wache ist Typ-1-Diabetiker. Aber das hindert ihn weder daran, sportliche Höchstleistungen zu bringen, noch verbietet es ihm, nach Erfolgen "richtig zu feiern". Genau das war auch seine Botschaft auf einem vom Arzneimittel-Hersteller Novo Nordisk und dem ZDF in Mainz veranstalteten Expertengespräch aus Anlaß des gestrigen Weltdiabetestags: Mit Diabetes mellitus kann man ein weitgehend normales Leben führen - vorausgesetzt, die eigenen Werte sind gut eingestellt, man kennt seinen Körper und hält sich an Regeln.

Seine Botschaft bringt Dimo Wache unter die Leute. Als Fußball-Profi ist er vor allem für Kinder und Jugendliche ein Idol. Sie zu mehr Bewegung zu animieren und zu einer gesunden Ernährung ist ihm ein großes Anliegen. So geht er in Kindergärten, tritt bei Diabetes-Veranstaltungen auf und trifft auch junge Patienten. Seine Überzeugung kommt klar rüber: "Du kannst selbst viel tun, um mit Diabetes einigermaßen normal zu leben, aber du mußt nicht in Askese sterben!"

Das Leben des Mainzer Profisportlers ist dafür das beste Beispiel:

Dimo Wache wird 1973 in Brake an der Weser (zwischen Bremen und Bremerhaven gelegen) geboren. Seine Fußball-Karriere startet er als Vierjähriger beim SC Ovelgönne. 1988 wechselt er zum VFB Oldenburg, steht von 1990 bis 1992 für Bayer 04 Leverkusen zwischen den Pfosten und die folgenden drei Jahre für Borussia Mönchengladbach.

Seit 1995 ist er Profi beim FSV Mainz 05. Darüber hinaus hat Wache von der U 15 bis zur U 21 alle Jugendkader der Fußball-Nationalmannschaft durchlaufen und als Torwart der U 20 sogar an der Weltmeisterschaft 1993 teilgenommen.

1998 ist das Schicksalsjahr des Jungprofis. Es fängt an mit einem Kreuzbandriß. Das sich anschließende Reha-Programm schlaucht ihn sehr, seine Erschöpfungszustände hält er für normal. Doch plötzlich leidet er auch noch unter Sehstörungen und verliert stark an Gewicht. Sein Hausarzt hat einen Verdacht. Ein Glukose-Test ergibt den Wert von 673 mg/dl. Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr: Der Profikicker hat Typ-1-Diabetes.

"Die Diagnose war natürlich ein Schlag ins Gesicht", erinnert sich Wache. "Zunächst habe ich gedacht, die Krankheit würde von allein wieder weggehen." Bis er sich auf die Erkrankung eingestellt hatte, verging ein halbes Jahr.

Trotzdem habe er zu keinem Zeitpunkt an ein Karriere-Ende geglaubt, so der Mainzer Torwart. Auch seine Familie sei sehr vernünftig mit dem Thema umgegangen. "Die meisten Probleme hatte ich zunächst damit, daß ich nicht mehr schnell an die Tankstelle fahren und mir vier Snickers reinpfeifen konnte."

Das ständige Spritzen bereitete ihm dagegen die geringsten Sorgen, daran seien Hochleistungssportler gewöhnt. Seine Ernährung hat Wache sehr bald umgestellt. "Am Spieltag achte ich darauf, daß ich etwa zwei Stunden vor dem Spiel keine Kohlenhydrate mehr zu mir nehme." Grundsätzlich nimmt er eine Zuckerlösung mit auf den Platz. Durch die Adrenalinausschüttung während des Spiels muß er danach meist korrigieren. Bis zu 15 mal am Tag mißt er seinen Glukose-Wert.

Bislang habe es keine Zwischenfälle gegeben. "Ich kenne meinen Körper", sagt Wache. "Deshalb kann ich früh genug reagieren." Zudem seien die Mitspieler und vor allem sein Mannschaftsarzt gut informiert.

Der Mainzer Torwart ist gerade 32 Jahre alt geworden. Einige Jahre will er noch als Profi aktiv sein. Aber auch danach werde sich sein Leben nicht grundsätzlich ändern, sagt er. "Weil ich mein ganzes Leben lang Sport treiben werde."

Und schon ist Dimo Wache wieder bei seinem Lieblingsthema angelangt. "Für einen Diabetiker gibt es generell nichts Besseres als Sport", sagt Wache. "Sport verhindert Übergewicht und stärkt das Herz-Kreislauf-System. Mit Sport fühlt man sich einfach besser, die Dosierung des Insulins läßt sich trainieren. Als Typ-1-Diabetiker muß ich dann weniger Insulin spritzen."

Das Ende seiner Karriere wird nur eine Änderung mit sich bringen, so Wache. Dann nämlich will er "in jedem Fall eine Insulinpumpe tragen". Das ist das einzige, was für ihn als Profi-Torhüter derzeit nicht in Frage kommt.

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