Entlastung für erschöpfte Betazellen

KOPENHAGEN (hbr). Bei Patienten mit Insulinresistenz müssen die Betazellen im Pankreas mehr Insulin ausschütten, um die Resistenz auszugleichen und normale Blutzuckerwerte zu erreichen. Diese Fähigkeit zur vermehrten Insulinbildung ist bei Patienten mit hohem Diabetesrisiko aber oft verringert.

Veröffentlicht:

Auf steigenden Insulin-Bedarf können Betazellen normalerweise mit vermehrter Hormonsekretion reagieren, so Professor Steven Kahn aus Seattle in den USA. Das funktioniert bei gesunden Menschen sehr gut. So sinkt zum Beispiel bei Jugendlichen in der Pubertät die Insulin-Empfindlichkeit auf die Hälfte im Vergleich zu gesunden Erwachsenen.

Trotzdem bleiben ihre Glukosewerte meist normal, weil ihre Insulinproduktion gleichzeitig auf das Doppelte steigt. Selbst Schwangere, deren Insulin-Empfindlichkeit sogar um 80 Prozent sinkt, entwickeln eher selten einen Schwangerschaftsdiabetes. "Denn ihre Betazellen vervierfachen die Insulinsekretion", so Kahn bei einem von GlaxoSmithKline geförderten Symposium beim Diabeteskongreß in Kopenhagen.

Manche Adipöse können den Insulinmangel ausgleichen

Ähnliches gilt für adipöse Patienten, die ja auch nicht alle Diabetes bekommen. Genügt aber die Leistung ihrer Betazellen nicht mehr, dann kann ein Insulin-Sensitizer wie Rosiglitazon (Avandia®) helfen: Er senkt die Insulinresistenz in Muskulatur, Fettgewebe und Leber.

Es kommt also darauf an, ob die Betazellen auf die Resistenz mit einer gesteigerten Insulinproduktion reagieren können. Aber gerade bei Patienten mit hohem Diabetesrisiko ist die Insulinantwort oft zu niedrig. Das belegt etwa eine Studie bei 220 Frauen mit polyzystischem Ovarsyndrom (PCOS), die häufig insulinresistent sind. Die Nüchternwerte lagen zwischen 92 und 109 mg/dl. Als prädiabetisch gelten Werte ab 100 mg/dl.

Nüchtern-Blutzucker und Insulinresistenz steigen parallel

Die Einteilung der Nüchternwerte in vier Gruppen zeigt, daß Insulinresistenz und Nüchtern-Glukose von Anfang an parallel stiegen - auch schon im Normbereich. Entsprechend versuchten die Betazellen, den zunehmenden Insulinbedarf zu decken. Gemessen an der Gruppe mit der niedrigsten Nüchternglukose und Insulinresistenz stieg deshalb in den anderen Gruppen die Insulinproduktion.

Der Anstieg war aber zu schwach, um die Resistenz völlig auszugleichen: "Schon innerhalb des Normbereichs wird der Blutzucker-Anstieg nicht mehr voll kompensiert. Die Insulinantwort der Patientinnen mit polyzystischem Ovarsyndrom ist nicht ausreichend", betonte Kahn.



STICHWORT

Polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS)

Definition: Vergrößerung der Ovarien durch Bildung multipler subkapsulärer Zysten.

Symptome : Zyklusanomalien, Hyperandrogenämie (Akne, Alopezie), Adipositas, Sterilität.

Hormonelle Veränderungen: Typisch ist außerdem eine Insulinresistenz mit Hyperinsulinämie und einer erhöhten Serumkonzentration von freiem IGF-1, sowie weitere metabolische Veränderungen, etwa erhöhte Testosteronspiegel. (ikr)

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen