Statine lassen Diabetes-Risiko ansteigen

Wenn Ärzte älteren Frauen Statine zur Lipidsenkung verordnen, sollten sie auch das Diabetesrisiko beachten. Denn das erhöht sich dadurch fast um 50 Prozent, zeigen neue Studiendaten.

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Ältere Frauen mit Statintherapie haben ein erhöhtes Diabetesrisiko.

Ältere Frauen mit Statintherapie haben ein erhöhtes Diabetesrisiko.

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BOSTON (DE). Angesichts des unstrittigen Schutzeffektes in der kardiovaskulären Sekundärprävention nehmen immer mehr Menschen Statine zur Lipidsenkung ein. Gleichzeitig steigt die Diabetes-Prävalenz deutlich an.

In den vergangenen zwei Jahren wurden mehrere größere Metaanalysen publiziert, die für die Langzeitbehandlung mit Statinen eine geringe, aber signifikante Risikozunahme für Diabetes mellitus aufzeigten.

Eine 2010 im "Lancet" veröffentlichte Studienübersicht kam etwa zu dem Ergebnis, dass eine Statintherapie das Diabetesrisiko relativ um neun Prozent erhöhte. Absolut betrachtet war das Risiko aber niedrig, in der Bilanz überwog klar die deutliche Reduktion von Koronarereignissen.

Nun erscheint eine weitere Publikation, die den Zusammenhang zwischen Statinen und Diabetesrisiko speziell bei postmenopausalen Frauen in der Women's Health Initiative (WHI) untersucht hat (Arch Intern Med. 2012; 172: 144).

Für diese Studie wurden in den Jahren 1993 bis 1998 insgesamt 154.000 Frauen im Alter zwischen 50 und 80 Jahren rekrutiert und bis 2005 nachbeobachtet. Davon waren sieben Prozent zu Beginn auf eine Statintherapie eingestellt. 10242 de Frauen entwickelten nach eigenen Angaben einen Diabetes.

Erhöhtes Risiko von fast 50 Prozent

Nach statistischer Berücksichtigung anderer Variablen, die das Diabetes-Risiko beeinflusst haben könnten, zeigte sich in einem adjustierten Risikomodell, dass Frauen unter Statinbehandlung ein um 48 Prozent höheres Diabetesrisiko aufwiesen als Frauen ohne Statintherapie. Betroffen waren alle Statine gleichermaßen, die Autoren gehen von einem Klasseneffekt aus.

Was sind die Konsequenzen? Zum einen: Ältere Frauen mit kardiovaskulären Erkrankungen, die Statine einnehmen, sollten bezüglich der Entwicklung eines Diabetes überwacht werden, so die Studienautorin Dr. Annie Culver von der Mayo Clinic in Rochester. Auch sei wichtig, gerade bei dieser Gruppe das Thema "gesunde Lebensführung" nicht aus dem Auge zu verlieren.

Das überraschend deutliche Diabetesrisiko bei älteren Frauen verschlechtert das Nutzen-Risikoverhältnis. Dies hat Konsequenzen für den Statin-Einsatz in der kardiovaskulären Primärprävention und sollte hier Anlass zu kritischer Indikationsstellung sein, in der bisher kein Überlebensvorteil aufgezeigt werden konnte, schreibt Dr. Kirsten Johansen, San Francisco, in einem begleitenden Editorial (Arch Intern Med. 2012; 172: 152).

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