Diabetes

Weniger Fingerstiche bei der Blutzuckermessung

Ein neuartiger Sensor am Arm liefert auf Abruf den aktuellen Glukosewert und ersetzt bei intensivierter Insulintherapie das häufige lästige Fingerstechen. Erst nach 14 Tagen muss er ersetzt werden, und ein Kalibrieren durch die Patienten entfällt bei dem System.

Von Sarah Louise Pampel Veröffentlicht:

MÜNCHEN. "Für mich ist dieses Gerät ein Meilenstein, vergleichbar mit der Einführung des ersten Insulinpräparates", sagte Dr. Jens Kröger, niedergelassener Diabetologe in Hamburg Bergedorf, bei der Einführungsveranstaltung von Abbott in München.

Das neue System zur Messung der Glukose in der interzellulären Flüssigkeit heißt FreeStyle® Libre.

Glukosesensor plus Lesegerät

Das Flash-Glukose-Monitoring-System besteht aus einem Glukosesensor, der am seitlichen Oberarm festgeklebt wird, und einem kleinen Touchscreen-Lesegerät.

Der Sensor von der Größe eines Zweieurostücks wird mit einem speziellen Applikator platziert, dessen Nadel sich zurückzieht und einen 5 mm langen und 0,4 mm breiten Kunststoffstreifen ins Unterhautfettgewebe einbringt. Danach codieren sich Sensor und Gerät beim ersten Annähern füreinander, ein Fremdauslesen ist nicht möglich.

Die Glukosemessung beginnt nach einer Stunde und erfolgt dann minütlich. Der Speicher des Sensors ist nach 8 Stunden voll und muss dreimal täglich ausgelesen, gescannt, werden, was mit einem Schwenken des Lesegeräts über den Sensor erfolgt und auch durch Kleidung funktioniert.

Das Lesegerät quittiert mit einem Piepsen oder Vibrieren, zeigt den aktuellen Wert mit einem Trendpfeil und generiert Verlaufskurven und Grafiken, die sich über USB-Anschluss auch auf dem Computer darstellen lassen.

Im Gegensatz zu bisherigen Sensoren für die kontinuierliche Glukosemessung (CGM) kommuniziert der Sensor nicht mit Insulinpumpen und gibt keine Hypoglykämiewarnung ab.

"Aber das neue System soll auch keine Konkurrenz für CGM sein, sondern das häufige Fingerstechen bei intensivierter Insulintherapie oder Pumpentherapie ersetzen", sagte Kröger.

Um dem lästigen Kalibrieren zu entgehen, wie es bei CGM-Sensoren zweimal täglich per Fingerstich nötig ist, wurde ein neuer Sensortyp entwickelt. Er baut auf dem Navigator-System von Abbott auf und nutzt ebenfalls die Wired-EnzymeTM-Technologie.

Der neue Sensor punktet vor allem durch zwei Besonderheiten: Aufgrund besonders präziser Produktionsprozesse genügt eine Werkskalibrierung durch den Hersteller vor der Auslieferung, und die Glukosesensitivität bleibt über 14 Tage stabil, wie Dr. Udo Hoss, Director Sensor Technology bei Abbott aus Alameda, Kalifornien, erläuterte.

Untersuchungen dazu sind bereits publiziert (Diabetes Sci Technol. 2013; 7(5): 1210-9 und Diabetes Sci Technol. 2014; 8(1): 89-94). Nach zwei Wochen sei die Sensorbatterie erschöpft und schalte ab. Der Sensor wird dann im Hausmüll entsorgt.

Über spezielle Algorithmen sei es zudem gelungen, die normale Verzögerung in der Anpassung von Blut- und Gewebeglukose auf im Mittel 5 Minuten zu verkürzen, so Hoss.

Trotz der guten Übereinstimmung ist es aber sinnvoll, sich vor dem Erstgebrauch in der Interpretation der Flash-Glukose-Werte schulen zu lassen, wie Kröger betonte.

Lebensqualität positiv beeinflusst

Dass das neue System positive Auswirkungen auf die Lebensqualität hat, bestätigen die Urteile von Krögers Patienten. Für die Diabetesberaterin und langjährige Typ-1-Diabetikerin Hannelore Koller ist es eine große Erleichterung, auch ihre nächtlichen Werte zu kennen, ohne den Wecker stellen zu müssen.

Nun weiß sie jederzeit, wo ihr Blutzucker steht. Der unauffällige Sensor klebt im Allgemeinen gut, erregt auch am Flughafen kein Aufsehen und ist beim Schwimmen bis 1 Meter Wassertiefe für 30 Minuten getestet.

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