Chronische Nierenerkrankung

Viele Betroffene sind ahnungslos

Bundesweit haben zwei Millionen Menschen eine chronische Nierenkrankheit, darunter viele Diabetiker. Nur jeder Dritte weiß davon, warnt die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie.

Veröffentlicht:
Durch Diabetes wird das Risiko einer Nierenerkrankung mehr als verdoppelt.

Durch Diabetes wird das Risiko einer Nierenerkrankung mehr als verdoppelt.

© Sebastian Kaulitzki / fotolia.com

HALLE-WITTENBERG. Bislang gab es in Deutschland keine validen Daten zur Prävalenz der chronischen Nierenkrankheit ("chronic kidney disease",CKD). Lediglich die Zahl der Patienten im terminalen Stadium der CKD, die einer Nierenersatztherapie bedürfen, konnte anhand von Krankenkassendaten geschätzt werden und wurde mit circa 100.000 beziffert (etwa 80.000 Dialysepatienten und etwa 20.000 Menschen nach Transplantation oder in der Transplantationsnachsorge).

Für die Zahl der Nierenpatienten in den früheren Stadien der CKD gab es bis dato keinerlei valide Schätzungen, heißt es in einer Mitteilung der Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN).

Epidemiologen um Professor Matthias Girndt von der Uni Halle-Wittenberg haben nun ermittelt, dass mindestens zwei Millionen Menschen in Deutschland eine Nierenkrankheit mit einer bereits deutlich eingeschränkten Nierenfunktion mit einer Glomerulären Filtrationsrate (GFR) unter 60ml/min/1,73m2 haben (Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 85).

Die Zahlen wurden dabei mit der bundesweiten "Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland 2008-2011 (DEGS1)" berechnet. Teilnehmer waren Menschen zwischen 18 und 79 Jahren.

"Bezieht man auch die Menschen im Alter von 80 Jahren und darüber mit ein, kommen wir auch bei einer konservativen Hochrechnung auf über zwei Millionen Betroffene", wird Girndt zitiert. "Das ist viel, denn man darf nicht vergessen, dass bei diesen Menschen die Nierenkrankheit bereits manifest ist.

Ihre Nierenfunktion hat sich gegenüber Gesunden beinahe schon halbiert und die Erkrankung schreitet in der Regel weiter voran. Viele dieser Menschen werden über kurz oder lang dialysepflichtig", so der Experte. Wie die Analyse ergab, waren insbesondere Menschen mit Hypertonie und Diabetiker von einer Nierenerkrankung betroffen. Diabetes erhöhte das CKD-Risiko um das 2,25-Fache, Bluthochdruck sogar um das 3,46-Fache.

Fortschreiten der Krankheit lässt sich verlangsamen

Besonders alarmierend sei jedoch die Tatsache, dass nur ein Drittel der Betroffenen von der eigenen Nierenerkrankung wusste, die große Mehrheit demzufolge auch nichts unternimmt, um dem Fortschreiten der Erkrankung entgegenzuwirken.

 "Das ist bedauerlich, denn durch verschiedene Maßnahmen, auch durch den Einsatz von blutdrucksenkenden Medikamenten mit nierenschützendem Potenzial, lässt sich der Progress einer chronischen Nierenkrankheit verlangsamen", erinnert Professor Jan Galle, Pressesprecher der DGfN.

Er verweist auf den Flyer "Geben Sie Acht auf Ihre Nieren. Was Nierenpatienten zur Vorbeugung weiterer Nierenschäden beachten sollten", der anlässlich des Weltnierentags am 10. März 2016 erstellt wurde. "Betroffene, die sich an diese acht Tipps halten, können die Dialysepflichtigkeit oft eine Zeitlang hinausschieben". (eb)

Mehr zum Thema

Große Metaanalyse

Leicht gesteigertes Diabetesrisiko unter Statintherapie

Stoffwechselstörung als Risikofaktor

Mehr Klinikeinweisungen wegen Herpes Zoster bei Diabetes

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Inkretinmimetika

GLP-1: Wie aus dem kleinen Hormon ein Rockstar wird

Risikoanalyse

Komplikation nach Hernien-Operation: Wer ist gefährdet?

Lesetipps
Mehrkosten für die Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung seien Investition in den Erhalt der Praxen, betont Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. 

© Michael Kappeler / dpa

Kabinett winkt GVSG durch

Lauterbach macht Hausarztpraxen Mut: „Jede Leistung wird bezahlt“

Brücke zwischen zwei Steilklippen. Auf der Brücke stehen zwei Menschen.

© Usman / stock.adobe.com

Aktuelle Forschung

Antikörper – die Verkuppler der Krebsmedizin

Heiße Nächte können nicht nur nervig sein. Sie gehen auch mit einem höheren Risiko für Schlaganfälle einher, so das Ergebnis einer Studie aus München und Augsburg.

© samuel / stock.adobe.com

Studie mit Daten zu 11.000 Schlaganfällen

Tropische Nächte sind offenbar ein Risikofaktor für Schlaganfälle