Läuse: Versagen Chrysanthemen-Mittel?

KIEL (ars). Eine Studie aus Kiel hat Wirbel ausgelöst: Alle untersuchten Läuse von Kinderköpfen trugen eine Genmutation, die sie gegen bestimmte Pedikulozide resistent macht. Damit ist aber noch nicht sicher nachgewiesen, dass die Mittel auch klinisch nicht mehr wirken.

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Die Nissen sind mit wasserunlöslichem Kitt ans Haar geklebt.

Die Nissen sind mit wasserunlöslichem Kitt ans Haar geklebt.

© Foto: Ronald Schmäschkewww.fotolia.de

Bei den Mitteln, die jetzt wegen möglicher Resistenzen ins Gespräch gekommen sind, handelt es sich um Substanzen, die für Läuse neurotoxisch sind: das aus Chrysanthemen gewonnene Pyrethrum sowie die synthetischen Pyrethroide Permethrin und Allethrin. Für den Praxisalltag sei aber der Schluss "Resistenz gleich Therapieversagen" verfrüht, sagt Professor Regina Fölster-Holst aus Kiel. "Um sicher zu sein, braucht man klinische Studien, in denen die Substanzen mit den neueren Silikonölen verglichen werden", so die Dermatologin zur "Ärzte Zeitung".

Ausgangspunkt ihrer Untersuchung waren Berichte aus Großbritannien, den USA, Dänemark, Frankreich und Israel, wonach dort Läuse infolge einer Genveränderung gegen Pyrethrum zunehmend unempfindlich werden.

In der Kieler Stichprobe wurden bei knapp vier Prozent der etwa 2000 Schul- und Kindergartenkinder von drei bis zwölf Jahren Läuse entdeckt. Aus 67 Läusen isolierten die Forscher DNA und fanden bei allen eine Mutation im kdr-Gen (knock-down resistance). kdr enthält den Bauplan für ein Eiweiß des Natriumkanals in den Nerven der Läuse. Bei Läusen ohne Mutation im kdr-Gen lagern sich neurotoxische Substanzen normalerweise so an den Kanal an, dass er dauerhaft stimuliert wird und die Insekten durch die anhaltende elektrische Erregung sterben. Durch die Punktmutation jedoch können neurotoxische Präparate nicht mehr an das Protein binden, der Kanal bleibt geschlossen, es gibt keine Ionenströme, und die Insekten überleben.

Früher seien bei den meisten Kindern mit Läusebefall solche neurotoxischen Substanzen angewandt worden. Mittlerweile allerdings, so der Eindruck der Dermatologin, verordnen die Kinderärzte in Kiel hauptsächlich Silikonöle, die den Läusen die Atemöffnungen verkleben.

Unabhängig vom verwendeten Pedikulozid rät sie, die Haare mit einem feinzinkigen Läusekamm durchzukämmen, um auch die Nissen zu entfernen. Eine Übertragung durch gemeinsam benutzte Gegenstände wie Bürsten, Handtücher, Kissen oder Mützen ist zwar selten, trotzdem sollten sie mit heißem Wasser gesäubert oder bei 60 Gard gewaschen werden. Tipp für die Diagnostik: Anders als die morphologisch ähnlichen Kopfschuppen lassen sich Nissen nicht vom Haarschaft abstreifen.

Lesen Sie dazu auch: Forscher: Kopfläuse resistent gegen Läusemittel

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