Protein von Bakterien läßt Gefäße sprießen

TÜBINGEN (ars). Ein einzigartiges Bakterienprotein, das das Sprossen von Blutgefäßen anregt, haben deutsche und schwedische Wissenschaftler identifiziert. Da es im Zellkern das Programm zur Angiogenese anschaltet, könnte es für die Therapie von Schlaganfall oder Herzinfarkt von Bedeutung sein.

Veröffentlicht:

Am Anfang dieses wissenschaftlichen Erfolgs stand eine Beobachtung bei Patienten mit Abwehrschwäche, vor allem durch Aids: Bei ihnen bilden sich auf der Haut manchmal kleine Blutschwämmchen, und in inneren Organen kann es zu geschwulstartigen Gefäßsprossungen kommen.

Nachdem die Fachwelt darauf aufmerksam geworden war, setzte eine fieberhafte Suche nach dem Erreger dieses ungewöhnlichen Phänomens ein. 1992 schließlich wurde das Bakterium Bartonella henselae entdeckt, das anders als die Artgenossen keine Entzündung auslöst, sondern eben die bakterielle Angiomatose.

Nun ist auch das Hilfsmittel bekannt, mit dem Bartonella das Gefäßwachstum bewerkstelligt: Es heißt Adhäsin A und ist mit 100 bis 300 Nanometer eines der größten bislang bekannten Bakterienproteine (J Exp Med 15, 2004, 1267).

Auf elektronenmikroskopischen Aufnahmen säumen die Moleküle die Zelloberfläche wie Haare. Im Verlauf der Infektion heften sie sich vermutlich an Kollagene sowie an Integrine auf der Oberfläche von Endothelzellen, die das Innere von Blutgefässen auskleiden, wie Teamleiter Dr. Volkhard Kempf von der Uni Tübingen erläutert hat.

Dadurch wird in den Endothelzellen zunächst das Schlüsselprotein hif-1 (hypoxia inducible factor) aktiviert und über diesen Schalter eine Kaskade von Stoffwechselschritten, die schließlich neue Gefäße hervorbringen. Auf diese Weise bauen sich die Bakterien sozusagen ein Eigenheim, denn sie vermehren sich nur in wachsenden Endothelzellen. "Wir hoffen", sagte Kempf, "daß unsere Arbeiten Anstöße für neue Behandlungskonzepte bei Gefäßkrankheiten geben." Beispiele wären Atherosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall.

Mehr zum Thema

Beratungsverfahren eingeleitet

G-BA: Zwei neue Datenerhebungen zu Orphans

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Tierexperiment: Neuer Signalweg identifiziert

Essen in Sicht? Die Leber ist schon aktiv!

Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer