HINTERGRUND

Christiaan Barnard - Revolutionär und Pionier bei Herztransplantationen

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Von Ralf E. Krüger</</b>

Am 3. Dezember 1967 schrieb der südafrikanische Chirurg Christiaan Barnard Medizingeschichte und weckte damit weltweit Hoffnungen bei Hunderttausenden Kranken. Vor 40 Jahren gelang ihm und seinem Team in Kapstadts Groote Schuur-Hospital die erste Herztransplantation. Der Sohn eines burischen Predigers der Heilsarmee hatte als Erster die medizinische Pioniertat gewagt, das zentrale Organ des Lebens zu verpflanzen. Das machte den damals 45-Jährigen über Nacht weltberühmt.

Der erste Herzempfänger starb 18 Tage nach der Op

Der erste Mensch mit fremdem Herzen war der Lebensmittelhändler Louis Washkansky. Das Herz des 55-jährigen Diabetikers war irreparabel zerstört. Als in der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember eine 25-Jährige an den Folgen eines Verkehrsunfalls starb, entschloss sich Barnard zu seinem spektakulären Schritt. Mit Spannung verfolgten Mediziner und Patienten rund um den Globus den Erfolg der Operation. Tatsächlich ging es Washkansky täglich etwas besser - bis er nach 18 Tagen an einer Lungenentzündung starb.

Kritiker warfen Barnard vor, aus Prestige einen Wettlauf um den ersten Platz veranstaltet zu haben. Denn weltweit standen viele Ärzteteams vor ähnlichen Eingriffen. Drei Tage nach Barnards Operation etwa übertrugen Ärzte um Norman Shumway in New York einem Säugling ein Spenderorgan - das Baby starb aber nach wenigen Stunden. Barnard kam seinem US-Kollegen Shumway also nur um kurze Zeit zuvor.

"Barnard hatte seine Methoden und die jahrzehntelangen wissenschaftlichen Studienergebnisse übernommen - damit wurde Barnard weltberühmt, Shumway nicht. Meiner Meinung nach hätte Barnard Shumway in seinen Erfolg mit einbeziehen, ihn zitieren müssen", sagte Professor Bruno Reichart der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO). Der Deutsche war ein späterer Nachfolger Barnards in der Herzchirurgie des Groote-Schuur-Krankenhauses und hat seit 1981 selbst mehrere hundert Herzen transplantiert.

Ethische Debatte über Eingriffe am Herzen

Im einsetzenden Wettlauf der Chirurgen lag Barnard - der insgesamt etwa 50 Herzempfänger operierte - aber zunächst vorne. Dem todkranken Zahnarzt Philip Blaiberg pflanzte er am 2. Januar 1968 das Herz eines Arbeiters ein - Blaiberg überlebt den Eingriff länger als 19 Monate. Doch nicht nur im damaligen Apartheidstaat löste der 2001 gestorbene Barnard eine energisch geführte ethische Debatte aus, ob ein derart emotional besetztes Zentralorgan verpflanzt werden darf. Wie kein anderer Eingriff rührte die Übertragung an ein Tabu: Seit jeher galt das pulsierende Organ in der Brust als Sitz der Seele. Dennoch erhielten bis Oktober 1968 weltweit 66 Patienten ein fremdes Herz - viele von ihnen überlebten nur Tage oder Wochen. Der erste Deutsche, dem im Februar 1969 ein Spenderorgan in die Brust genäht wurde, starb am selben Tag. Anfang der 70er Jahre standen Herztransplantationen wegen der häufigen Abstoßungsreaktionen vor dem Aus.

Der Durchbruch kam erst mit den Immunsuppressiva: Als ein Antilymphozytenserum und später das Ciclosporin zur Verfügung standen, wurde der Eingriff zur akzeptierten Routineoperation. Heute beträgt die Fünf-Jahres-Überlebensrate 70 Prozent. Bis jetzt wurden in Deutschland nach DSO-Angaben mehr als 9000 Herzen verpflanzt. Der Bedarf ist enorm: 800 Patienten werden pro Jahr neu auf die Warteliste aufgenommen. Wegen des Mangels an Spenderherzen kann nur der Hälfte von ihnen geholfen werden. (dpa)

ZUR PERSON

Christiaan Barnard wurde am 8. November 1922 als Sohn einer Predigerfamilie in Südafrika geboren. Er studierte in Kapstadt und der Universität von Minnesota Medizin. Er machte in den USA seine chirurgische Fachausbildung. Mit 40 Jahren wurde er zum Professor für Thoraxchirurgie berufen. Er starb 2001 mit 78 Jahren nach einem Asthmaanfall auf Zypern.

STICHWORT

Herztransplantation in Deutschland

Am 13. Februar 1969 gab es die erste Herztransplantation in Deutschland: Die Münchener Professoren Werner Klinner und Friedrich Sebening pflanzten dem 36-jährigen Josef Zehner das Herz einer 40-jährigen Frau ein. Sie war bei einem Verkehrsunfall gestorben. Zehner überlebte nur 22 Stunden. Später stellte sich heraus, dass das Spenderherz durch den Unfall geschädigt war. Danach wurde es in Deutschland still um die Herztransplantation.

Ab 1981 wurden in Deutschland dann wieder Herzen verpflanzt. Ein Grund dafür waren die Fortschritte in der immunsuppressiven Therapie.

Im Jahr 2006 wurden hierzulande 412 Herzen in 24 Kliniken transplantiert. 78 Prozent der Organe funktionieren nach einem Jahr noch, nach fünf Jahren sind es 69 Prozent. Die Hauptkomplikationen sind chronische Abstoßung und Herzinsuffizienz. Nur eine erneute Transplantation kann den Patienten dann retten.

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