Risikopatienten

Mit Silikon-Modellen zur perfekten Herzklappe

Welche Prothese sitzt perfekt in der defekten Aortenklappe einer 80-jährigen Patientin? Wenn entscheidende Teile des Herzens aus Silikon originalgetreu nachgebaut werden, lässt sich diese Frage deutlich leichter beantworten.

Veröffentlicht:
Aus Silikon: Ein Teil des Herzens mit Aortenklappenprothese. Simulationen an dem Modell helfen, die bestmöglichste Therapie auszuwählen.

Aus Silikon: Ein Teil des Herzens mit Aortenklappenprothese. Simulationen an dem Modell helfen, die bestmöglichste Therapie auszuwählen.

© Armin Kühn

BAD OEYNHAUSEN. Für eine Hochrisikopatientin mit einer defekten Herzklappenprothese haben Spezialisten der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie des Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen unter der Leitung von Professor Jan Gummert nach eigenen Angaben erstmals eine sehr individuelle Therapie entwickelt.

Vorbereitung zur TAVI

Vor einer minimalinvasiven transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI-Verfahren) seien dazu entscheidende Teile des Patientenherzens aus Silikon originalgetreu nachgebaut worden, meldet das HDZ.

Im Vorfeld des Eingriffs hätten sich die Herzchirurgen in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Helmholtz-Instituts der RWTH in Aachen zu wichtigen Untersuchungen und Simulationen an diesem Silikonherzen zusammengesetzt, um die bestmöglichste Therapie für ihre Patientin auszuwählen.

Auf diese Weise habe die neue Herzklappe ideal platziert und mit dem geringstmöglichen Risiko eingesetzt werden können.

Offene Op war zu riskant

Das HDZ beschreibt die Situation vor dem Eingriff: Die 80-jährige Patientin ist kurzatmig und kann sich nur noch mit einem Rollstuhl fortbewegen. Ihre bereits vorhandene Aortenklappenprothese ist stark verkalkt.

Die Klappensegel öffnen sich nicht mehr weit genug, um ausreichend Blut in den Körperkreislauf zu pumpen. Das hohe Alter der Patientin, ihre Vorerkrankungen und die Voroperation an der Aortenklappe machen eine herkömmliche Operation am offenen Herzen riskant.

Speziell für Hochrisikopatienten wie sie habe deshalb Professor Stephan Ensminger, Oberarzt der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie, innerhalb einer Forschungskooperation mit dem Helmholtz-Institut der RWTH in Aachen eine neue, sichere Vorgehensweise entwickelt.

Zunächst wurden dazu Teile des Herzens der Patientin originalgetreu in einem modernen 3D-Druckverfahren aus Silikon nachmodelliert, erläutert das HDZ in seiner Mitteilung.

Die bereits vorhandene biologische Prothese sei in das Modell eingesetzt worden, sodass ein genaues Abbild des Herzens der Patientin entstand.

Testläufe mit Highspeed-Kamera

Gemeinsam überlegten die Ingenieure aus Aachen mit den Experten am HDZ NRW, welche neue Herzklappe am besten in ihre defekte Prothese passt.

In zahlreichen Testläufen, unter anderem auch mit Einsatz einer Highspeed-Kamera, wurden die Segelbewegungen der möglichen neuen Klappe beurteilt.

Aus einer Auswahl verschiedener Klappenarten, -größen und -positionen habe sich das Team dann für eine bestimmte Herzklappe entschieden, eine Klappe des Herstellers Edwards, berichtet das HDZ.

"Dank unserer Tests im Vorfeld der Operation haben wir die optimale Position der Katheter-Herzklappe in der defekten Aortenklappenprothese für unsere Patientin bestimmen können", wird Ensminger zitiert. "Die Klappensegel funktionieren jetzt einwandfrei."

Kein Rollstuhl mehr nötig

Elfriede M. ist nach Angaben des HDZ die erste Patientin weltweit, deren TAVI-Operation mit Hilfe einer originalgetreuen Herznachbildung so präzise geplant werden konnte.

"Die Situation ergab sich, weil wir für jeden Patienten die individuell bestmögliche Behandlungsstrategie erreichen wollen", betont Gummert in der Mitteilung.

"Das Verfahren ist ebenso zukunftsweisend wie schonend und verspricht Aussichten auch für Patienten, die im allgemeinen als nicht mehr operabel gelten."

Bereits neun Tage nach dem Eingriff habe die Patientin das Bett verlassen und mit einer Gehhilfe erste kleine Ausflüge unternehmen können, berichtet das HDZ.

Ihre Lebensqualität habe sich bereits spürbar verbessert. Einen Rollstuhl brauche sie nicht mehr.

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