Depressionen

So schädlich fürs Herz wie Cholesterin

Depressionen steigern bei Männern das Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen ähnlich stark wie hohe Cholesterinwerte oder Fettleibigkeit. Das ergab die Analyse von Langzeitdaten der KORA-Studie.

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Depressionen lassen sich mit einfachen Mitteln diagnostizieren.

Depressionen lassen sich mit einfachen Mitteln diagnostizieren.

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MÜNCHEN. Depressionen beeinträchtigen nicht nur die seelische Gesundheit in erheblichem Maße, sie können sich auch auf körperliche Prozesse auswirken. Mittlerweile gibt es kaum einen Zweifel daran, dass Depressionen ein Risikofaktor für Herzkreislauf-Erkrankungen sind, berichten Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München gemeinsam mit Kollegen der Technischen Universität München (TUM) und des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK).

Die Frage ist eher: In welchem Verhältnis steht die Depression zu den vier großen kardiovaskulären Risikofaktoren wie Rauchen, hohe Cholesterinwerte, Fettleibigkeit und Bluthochdruck – und welche Faktoren wiegen wie schwer?

Um dieser Frage nachzugehen, untersuchte das Team um Professor Karl-Heinz Ladwig die Daten von 3428 Männern im Alter von 45 bis 74 Jahre und beobachteten deren Verlauf über einen Zeitraum von 10 Jahren (Atherosclerosis 2016; online 3. Dezember). Die Arbeit basiert auf einem prospektiven bevölkerungsbezogenen Datensatz der MONICA/KORA-Studie. Die Untersuchung zählt mit einer Gesamtlaufzeit von bis zu 25 Jahren zu den wenigen Großstudien in Europa, die solche Analysen ermögliche, so die Forscher in einer Mitteilung des Helmholtz Zentrums.

Nur Bluthochdruck und Rauchen gefährlicher als Depressionen

In ihren Untersuchungen verglichen die Wissenschaftler nun die Depression mit den großen vier Risikofaktoren. "Unsere Untersuchung zeigt, dass das Risiko für eine tödliche Herzkreislauferkrankung in Folge einer Depression fast ebenso hoch ist, wie bei zu hohen Cholesterinwerten oder Fettleibigkeit", fasst Ladwig zusammen. Mit einem höheren Risiko sind den Ergebnissen zufolge nur noch Bluthochdruck und das Rauchen verbunden.

Über die Bevölkerung betrachtet nimmt der Anteil an durch Depression verursachten Herzkreislauftoden etwa 15 Prozent ein. "Das ist vergleichbar mit den anderen Risikofaktoren wie Hypercholesterinämie, Fettleibigkeit und Rauchen", ordnet Ladwig ein. Hier reiche der Anteil von 8,4 bis 21,4 Prozent.

Depressionen sind keine Einbahnstraße

Der Zusammenhang zwischen Depressionen und Herzkreislauf-Erkrankungen ist allerdings keine Einbahnstraße, wie frühere Arbeiten von Forschern um Ladwig gezeigt haben (Lancet. 1994;343 :20). Auch das Erleben einer schweren Herzkreislauf-Erkrankung kann zu Depressionen führen, die wiederum die Genesung der Patienten beeinträchtigen können.

"Allein durch den langen Beobachtungszeitraum haben wir sehr viel Zeit in die aktuelle Arbeit investiert", so Studienleiter Ladwig. Der Aufwand habe sich aber entsprechend gelohnt: "Unsere Daten zeigen, dass Depressionen eine mittlere Effektstärke innerhalb der großen nicht angeborenen Risikofaktoren für Herzkreislauf-Erkrankungen erreichen."

Entsprechend schlägt Ladwig hier Konsequenzen vor: "Bei kardiovaskulären Hochrisikopatienten sollte die diagnostische Abklärung einer Depression als Begleiterkrankung Standard werden. Das könnte man mit einfachen Mitteln erfassen." (eb/eis)

KORA-Studie

Die Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA) untersucht seit 30 Jahren die Gesundheit tausender Bürger.

Kernthemen sind Fragen zu Entstehung und Verlauf von chronischen Erkrankungen wie Herzinfarkt und Diabetes.

Ziel ist es, die Auswirkungen von Umwelt, Verhalten und Genen zu verstehen.

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