Schützen Sartane auch vor Diabetes und Schlaganfällen?

HANNOVER (grue). Nicht nur den lipidsenkenden Statinen werden multiple Schutzeffekte nachgesagt, sondern jetzt auch den Sartanen aus der Gruppe der Antihypertensiva. So scheint Telmisartan den Insulin- und Glukosestoffwechsel zu verbessern.

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Auf der Suche nach positiven zusätzlichen Wirkungen, den sogenannten pleiotropen Effekten, sind Wissenschafter bei den AT1-Rezeptorblockern gleich mehrfach fündig geworden, wie Professor Thomas Unger von der Charité Berlin Mitte auf einer Veranstaltung des Unternehmens Bayer in Hannover berichtet hat.

Zunächst war in großen kardiovaskulären Endpunktstudien wie LIFE und VALUE aufgefallen, daß mit AT1-Rezeptorblockern bei ähnlich starker Blutdrucksenkung die Rate für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes signifikant niedriger ist als mit anderen Medikamenten. Dies hängt vermutlich mit einer verbesserten Insulinsensivität zusammen. Der molekulare Mechanismus, der dahinter stecken könnte, wurde nun von einer Arbeitsgruppe um Unger im Zellmodell aufgeklärt.

      Klinische Studie gibt Hinweise auf Schutz der Hirngefäße.
   

Im Zentrum des Interesses steht der Peroxisom-Proliferator-aktivierte Rezeptor (PPAR), der die Insulinempfindlichkeit reguliert. Der Zellkernfaktor kann unter anderem durch Prostaglandine oder die antidiabetisch wirkenden Glitazone stimuliert werden. Offenbar sind aber auch AT1-Rezeptorblocker, vor allem das lipophile Telmisartan (vom Unternehmen als Kinzal® angeboten) in der Lage, an den Rezeptor zu binden.

Telmisartan erhöhe bereits in niedrigen, therapeutisch relevanten Dosen die PPAR-Aktivität, so Unger. "Dieser Effekt in unabhängig von der sartantypischen AT1-Rezeptorblockade und muß als eigenständiger pleiotroper Effekt gewertet werden". In klinischen Studien sollte nun geprüft werden, ob Telmisartan über eine verbesserte Insulinempfindlichkeit den Glukosespiegel von Diabetikern tatsächlich senken kann.

Aufgrund der Beobachtung aus klinischen Studien, daß bei Behandlung mit AT1-Rezeptorblockern das Schlaganfallrisiko verringert ist, werden sie nun auch als potentielle neuroprotektive Substanzen gehandelt. So hat zum Beispiel in einer klinischen Studie niedrigdosiertes Candesartan in der Prävention nach Schlaganfall einen Nutzen erbracht.

"Offenbar spielt bei neuroregenerativen Vorgängen der AT2-Rezeptor eine besondere Rolle", so Unger. Dieser Rezeptor wird von den AT1-Rezeptorblockern nicht besetzt und kann während einer solchen Therapie seine Schutzwirkung voll entfalten.

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