Warum sind Patienten nicht therapietreu?

DÜSSELDORF (sko). Schon Hippokrates erkannte vor über 2000 Jahren, daß man sich auf die Therapietreue der Patienten nur bedingt verlassen kann. Viel hat sich inzwischen bei der Erforschung der Compliance nicht getan, so Professor Rainer Düsing aus Bonn. Mit Hilfe einer Anwendungsbeobachtung will der Kardiologe dies nun ändern.

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Das Problem bei der Erforschung der Compliance ist die Methodik. Düsing betonte bei einer Veranstaltung während der Medica in Düsseldorf, wie wichtig es sei, anonymisierte Methoden, wie etwa das "Refill"-System, zu verwenden. Dabei wird die Medikamenteneinnahme anhand der eingelösten Rezepte überprüft. Eine andere Möglichkeit ist ein Sensor, der in den Deckel des Tablettenröhrchens integriert ist und registriert, wenn das Döschen geöffnet wird.

Düsing berichtete von verschiedenen Verhaltensmustern der Non-Compliance bei Hypertonie-Patienten. Am häufigsten sei hier die verzögerte Einnahme, gefolgt vom Auslassen einer oder zweier Tabletten.

Und dann gebe es noch die "Drug-Holidays", bei der die Tabletteneinnahme nach einer Unterbrechung wieder aufgenommen wird. 50 Prozent der Patienten, die nicht compliant sind, seien dies aus Vergeßlichkeit. Bei den anderen 50 Prozent handele es sich um eine "kalkulierte Non-Compliance", die aber nicht weiter zu spezifizieren sei, berichtete Düsing.

Ob ein multifaktorieller Ansatz, der Vergeßlichkeit und fehlende Motiva-tion berücksichtigt, in der Lage ist, die Therapietreue behandelter Hy-pertoniker zu verbessern, soll jetzt eine Anwendungsbeobachtung klä-ren. An der unter Mitwirkung des Unternehmens Novartis konzipierten Studie nehmen 8000 Patienten teil.

4000 werden mit einem Starterpaket ausgestattet: Sie erhalten ein ausführliches, strukturiertes Arztgespräch, einen Tabletten-Timer sowie einen Gutschein für ein verbilligtes Blutdruckmeßgerät und selbstklebende Erinnerungsnotizen. Außerdem werden die Lebenspartner oder Familienmitglieder einbezogen.

Daß die Aussagekraft einer Anwen-dungsbeobachtung nicht besonders groß ist, darüber ist sich Düsing im Klaren. Und doch sei dieses Vorge-hen bei der Fragestellung von Vor-teil: "Durch das offene Studiende-sign ist weniger Intervention in das Arzt-Patienten-Verhältnis notwen-dig", sagte er. Dadurch könne der Praxisalltag wesentlich besser simuliert werden.

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