INTERVIEW

Hypertonie ist bei Rheuma besonders gefährlich

"Die Rheumatoide Arthritis ist mittlerweile ein anerkannter unabhängiger kardiovaskulärer Risikofaktor", sagte Professor Klaus Krüger beim Rheuma Update in Wiesbaden. Eine Therapie sollte daher nicht nur die RA-Beschwerden lindern, sondern bei Hypertonie oder Hyperlipidämie auch konsequent Blutdruck und LDL-Wert senken, so Krüger. Mit dem Rheumatologen aus München sprach Michael Hubert von der "Ärzte Zeitung".

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Ärzte Zeitung: Ist wegen des erhöhten kardiovaskulären Risikos bei Rheumakranken ein niedrigerer Grenzwert für das LDL zu ziehen?

Professor Klaus Krüger: Dazu gibt es keinerlei Studien. Gut ist es, wenn bei Rheumatikern überhaupt auf das LDL geachtet wird. In die britischen Leitlinien wurde erst kürzlich die Bestimmung des LDL-Status aufgenommen. Dort heißt es: Wird eine RA diagnostiziert, sind die kardiovaskulären Risikofaktoren zu evaluieren. Wenn das auch bei uns geschieht und bei erhöhten Werten dann frühzeitig mit Statinen therapiert wird, wäre das schon ein großer Fortschritt.

Ärzte Zeitung: Spricht für eine Statin-Therapie bei RA-Patienten zusätzlich auch die anti-inflammatorische Wirkung der Präparate?

Krüger: Das ist sicher ein positiver Nebeneffekt der Statine. Entscheidend ist aber, RA-Patienten mit erhöhten LDL-Werten überhaupt Blutfettsenker zu verordnen. Bei RA gilt wie etwa bei Diabetes: konsequente Suche nach KHK-Risikofaktoren wie Hyperlipidämie und Hypertonie und deren Ausschluss.

Ärzte Zeitung: Kürzlich wurde in einer schottischen Studie gezeigt, dass Losartan auch Gelenkschwellungen mindert - jedenfalls im Tierexperiment. Spricht das Ergebnis dafür, Patienten mit Rheumatoider Arthritis und Hypertonie Sartane zu verordnen?

Krüger: Die Studie deutet das an, ist aber erst einmal nur ein theoretischer Ansatz. Das Ergebnis muss jetzt in Studien mit Patienten geklärt werden. Grundsätzlich gilt: Bei RA-Patienten muss der Blutdruck strikt kontrolliert und eingestellt werden. Denn bestimmte Medikamente wie Ciclosporin, Leflunomid oder NSAR können den Hypertonus zusätzlich fördern. Die Konsequenz: Das Blutdruckmessgerät muss bei Rheumapatienten zum festen Diagnose-Inventar gehören, ebenso wie die Kontrolle der Blutfettwerte.



Rheuma - schlechte Karten nach Infarkt

Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) haben dreimal so häufig atherosklerotische Plaques in den Karotiden wie Gesunde. Das hat eine Studie an der Cornell Universität in New York ergeben (Ann Int Med 144, 2006, 249).

Zudem sind bei RA-Patienten nach Myokardinfarkt sowohl die Langzeitprognose als auch die 30-Tage-Überlebenszeit reduziert. So liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit sechs Jahre nach Infarkt bei RA-Kranken zwischen 50 und 60 Prozent, bei Nichtrheumatikern jedoch zwischen 70 und 80 Prozent (Ann Rheum Dis 66, 2007, 263). Und die Sterberate 30 Tage nach Infarkt liegt bei RA-Kranken bei 18, bei Patienten ohne RA bei 11 Prozent (Arthritis Rheum 54, 2006, 2061). (hub)

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