Duale Plättchenhemmung auch bei akutem Myokardinfarkt erfolgreich

Erhält Acetylsalicylsäure (ASS) Schützenhilfe durch Clopidogrel, resultiert nicht nur eine stärkere Plättchenhemmung, sondern auch eine höhere klinische Effizienz. Schon beim akuten Koronarsyndrom und nach koronarer Katheterintervention mit Stentimplantation wurde durch duale Plättchenhemmung eine stärkere Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse als mit ASS allein erreicht. Nun findet die Erfolgsgeschichte dieses Duos ihre Fortsetzung beim früher auch als transmural bezeichneten ST-Hebungs-Myokardinfarkt.

Veröffentlicht:

Peter Overbeck

Schon seit Ende der 80er Jahren sind sowohl die Fibrinolyse als auch die Plättchenfunktionshemmung mit ASS aufgrund des dokumentierten Nutzens ein fester Bestandteil der medikamentösen Reperfusionstherapie bei akutem Myokardinfarkt.

Allerdings hat die Wirksamkeit dieser antithrombotischen Therapie auch Grenzen. Bei etwa 20 Prozent aller Infarktpatienten gelingt es damit nicht, die angestrebte Offenheit der vom thrombotischen Verschluß betroffenen Koronararterie herzustellen. Und nicht selten kommt es nach initialem Erfolg zum Wiederverschluß. Sowohl persistierender Verschluß wie auch Reokklusion wirken sich prognostisch ungünstig aus.

In zwei großen Studien haben Wissenschaftler nun geprüft, ob sich durch eine Intensivierung der Plättchenhemmung mit Clopidogrel (in Deutschland als Plavix® und Iscover® auf dem Markt) die bisherige Standardtherapie beim ST-Hebungs-Myokardinfarkt noch verbessern läßt.

Koronarperfusion durch Clopidogrel signifikant verbessert

Eine der beiden in Orlando präsentierten Clopidogrel-Studien ist die CLARITY-Studie, an der 3491 Patienten mit akutem ST-Hebungs-Myokardinfarkt beteiligt waren. Alle erhielten innerhalb von 12 Stunden nach Symptombeginn eine Standardtherapie, bestehend aus Fibrinolytikum, ASS und meist auch Heparin. Per Zufallsauswahl wurden die Patienten zudem der Behandlung mit Clopidogrel (300 mg als Bolus, danach 75 mg oral pro Tag) oder Placebo zugeteilt.

Nach zwei bis acht Tagen (im Mittel nach 3,5 Tagen) wurde eine koronarangiographische Nachkontrolle vorgenommen. Primärer Wirksamkeitsparameter war eine Kombination der Endpunkte Koronarverschluß, Re-Infarkt und Tod in der Zeit bis zur Koronarangiographie.

Die Rate für diesen kombinierten Endpunkt war in der Clopidogrel-Gruppe signifikant um 36 Prozent niedriger als in der Gruppe mit alleiniger Standardtherapie (15,0 versus 21,7 Prozent), berichtete Studienleiter Dr. Marc Sabatine aus Boston.

Ausschlaggebend für diese Reduktion war primär die unterschiedliche Häufigkeit von angiographisch dokumentierten Koronarverschlüssen, deren Rate durch Clopidogrel um 41 Prozent (11,7 versus 18,4 Prozent) gesenkt worden war.

Im Zeitraum der ersten 30 Tage nach Infarkt verringerte Clopidogrel die Rate kardiovaskulärer Ereignisse (Tod, Myokardinfarkt, Revaskularisation nach Ischämie-Rezidiv) signifikant um 20 Prozent. Deutlichster Effekt war dabei eine signifikante Verringerung von Reinfarkten um 31 Prozent (Inzidenz: 4,1 versus 5,9 Prozent).

Die Sterblichkeitsraten waren in beiden Behandlungsgruppen sehr niedrig (2,5 versus 3,6 Prozent) und nicht signifikant unterschiedlich. In der Häufigkeit schwerer Blutungskomplikationen bestand ebenfalls kein relevanter Unterschied.

In COMMIT wird auch die Gesamtmortalität gesenkt

Auch in der chinesischen Mega-Studie COMMIT, die Dr. Zhengming Chen aus Oxford vorgestellt hat, erwies sich die antithrombotische Zusatztherapie mit Clopidogrel als wirksam. In dieser Studie ist bei 45 852 Patienten mit Myokardinfarkt binnen 24 Stunden nach Symptombeginn eine Behandlung mit Clopidogrel (75 mg / Tag) oder Placebo begonnen worden.

Die Rate der Ereignisse Tod, Reinfarkt und Schlaganfall (primärer kombinierter Endpunkt) war im Beobachtungszeitraum (im Mittel 16 Tage) mit Clopidogrel signifikant um 9 Prozent niedriger als mit alleiniger Standardtherapie (9,3 Prozent versus 10,1 Prozent). Auch die Gesamtsterblichkeitsrate wurde signifikant um 7 Prozent gesenkt. Auch in COMMIT ging diese Ereignisreduktion nicht auf Kosten einer Zunahme schwerwiegender Blutungskomplikationen.

Chen zog aus den Studiendaten folgende Nutzenbilanz für die Praxis: "Pro einer Million Herzinfarkt-Patienten, die zwei Wochen lang Clopidogrel einnehmen, verhindert man 5000 Todesfälle und 5000 nicht tödliche Zwischenfälle."

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

EvidenzUpdate-Podcast

Methodische Frühlingsgefühle – oder warum Leitlinien ein bisschen Liebe brauchen

Porträt

Ein Zahnarzt und Ballermann-Sänger: Tobias Riether

Lesetipps
Ältere Diabetikerin, die ihren Blutzuckerspiegel zu Hause mit einem kontinuierlichen Glukosemessgerät kontrolliert.

© Halfpoint / stock.adobe.com

Deprescribing bei Typ-2-Diabetes

Diabetes bei Älteren: Chancen und Risiken einer Polypharmazie

Angesichts der weltweit alternden Bevölkerung ist mit einem weiteren Anstieg der Alzheimer-Inzidenz zu rechnen (derzeit werden jährlich rund 7,7 Millionen neue Fälle weltweit diagnostiziert). Antivirale Maßnahmen gegen das Herpes-Virus könnten präventiv wirken.

© KI-generiert Галя Дорожинська - stock.adobe.com

Auch andere neurotrope Viren impliziert

Alzheimer-Risiko durch Herpes: Neue Evidenz aus Real-World Daten

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung