Auch mit Prophylaxe kein vollständiger Thrombose-Schutz

Trotz Prophylaxe erleiden manche Patienten nach Hüft- oder Kniegelenkersatz eine Thrombembolie, belegen aktuelle Studien. Die Zahlen sind im Vergleich zu früheren Erhebungen aber deutlich gesunken.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:

NEU-ISENBURG. Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin oder oralen Faktor-Xa- bzw. -IIa-Hemmern bietet keinen garantierten Schutz vor Thromboembolien. Das hat ein systematisches Review jetzt ergeben (JAMA 2012; 307: 294-303).

Insgesamt 44.844 Patienten aus 47 Studien hatten einen totalen oder partiellen Knie- (TPKE) oder Hüftgelenkersatz (TPHE) erhalten. Aus den Daten errechneten die Wissenschaftler die Inzidenzraten thromboembolischer Komplikationen, die sich trotz einer Prophylaxe in der jeweils empfohlenen Dosierung und Dauer (im Mittel acht Tage) noch vor Entlassung aus der Klinik ereignet hatten.

Eine symptomatische postoperative venöse Thromboembolie hatten demnach 1,09 Prozent nach TPKE und 0,53 Prozent nach TPHE. Eine tiefe Venenthrombose erlitten 0,63 Prozent nach TPKE und 0,26 Prozent nach TPHE. Und eine Lungenembolie trat bei 0,27 Prozent der Studienteilnehmer nach TPKE und bei 0,14 Prozent nach TPHE auf.

Nachbeobachtungszeit durchschnittlich nur 13 Tage

"Unter den gegenwärtig empfohlenen Regimen zur Thromboseprophylaxe erleidet etwa einer von 100 Patienten nach TPKE und einer von 200 Patienten nach TPHE noch vor der Entlassung aus dem Krankenhaus eine symptomatische venöse Thromboembolie", so die Autoren.

Diese Zahlen stehen in einem gewissen Kontrast zu Resultaten früherer Studien, in denen Thromboembolien nach Hüftgelenkersatz signifikant häufiger aufgetreten waren als nach dem Einbau von Kniegelenkprothesen. Allerdings war in diesen Untersuchungen auch die Zeit nach der Entlassung aus der Klinik berücksichtigt worden.

Die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit in den jetzt analysierten Studien hatte dagegen nur 13 Tage betragen. Dies könnte nach Ansicht der Wissenschaftler die höheren Raten nach TPKE erklären: "TPKE zieht kleinere Venen am Unterschenkel in Mitleidenschaft, die nach Thrombosierung rascher zu Beschwerden führen", schreiben sie.

0,22 Prozent sterben an pulmonalen Embolien

Demgegenüber würden bei TPHE größere femorale Gefäße verletzt, bei denen es länger dauere, bis sie sich verschlössen und Beschwerden verursachten.

Die kurze Nachbeobachtungszeit kritisiert auch John Heit von der Mayo Clinic in Rochester. Die Angabe von Inzidenzen vor Entlassung aus der Klinik nennt er "suboptimal".

"Die kumulative Inzidenz venöser Thromboembolien erreicht für TPHE nach drei Monaten 2,5 bis 3,4 Prozent, Lungenembolien treten in 1,1 Prozent der Fälle auf", schreibt er.

0,22 Prozent der Patienten stürben an pulmonalen Embolien. Für TPKE seien Zahlen von 1,8 - 2,4 Prozent (Thromboembolie), 0,8 Prozent (Lungenembolie) und 0,15 Prozent (tödliche Embolie) belegt.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Nicht nur bei COVID-19

Infektionen erhöhen das Thromboserisiko

Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 2: Klinischer Nutzen der einzelnen NOAKs versus VKA bei VHFa-Patient*innen 75 Jahre

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [2]

Nicht-valvuläres Vorhofflimmern: Nicht-Vitamin-K-abhängige orale Antikoagulanzien

Apixaban: günstiges Nutzen-Risikoprofil bei Älteren

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Pfizer Pharma GmbH, Berlin

„NOACs haben die Versorgung verändert“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Pfizer Pharma GmbH, Berlin, und der
Abb. 1: Apixaban versus NMH bei Patient*innen mit VTE und aktiverTumorerkrankung im US-Versorgungsalltag: a) E?ektivitätsendpunkt VTE-Rezidiveb und b) Verträglichkeitsendpunkt schwere Blutungenb

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziet nach [2]

Tumorassoziierte VTE

Gutes Nutzen-Risiko-Profil für Apixaban im Versorgungsalltag

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Pfizer Pharma GmbH, Berlin, und Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Impfung gegen Gelbfieber: Ist eine Auffrischung nötig?

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie