Thyreostatika bringen Herzen wieder in den richtigen Takt
BERLIN (grue). Jeder dritte ältere Patient mit Überfunktion der Schilddrüse hat Vorhofflimmern, von den über 70jährigen sogar jeder zweite. Betroffene brauchen eine thyreostatische und gerinnungshemmende Therapie.
Veröffentlicht:Darauf hat Professor George Kahaly aus Mainz hingewiesen. Eine Schilddrüsenüberfunktion mit TSH-Werten unter 0,1 mU/l führt innerhalb von zehn Jahren bei 28 Prozent der Patienten zum Vorhofflimmern. Patienten mit Hyperthyreose sind damit fast viermal häufiger betroffen als Menschen mit normalen TSH-Spiegeln. Vor den über 70jährigen hyperthyreoten Patienten habe jeder zweite Vorhofflimmern, sagte der Endokrinologe auf einer Veranstaltung von Merck Pharma in Berlin.
Auch bei Sinustachykardie, Herzinsuffizienz ohne erkennbare Ursache oder bei unerklärlicher Verschlechterung einer Angina pectoris sollte an eine Schilddrüsenkrankheit gedacht werden. "Bestand vor der Hyperthyreose noch keine Herzerkrankung, normalisieren sich die kardialen Funktionen unter Therapie mit Thyreostatika und Betablocker rasch", sagte Kahaly.
So konvertierten bei euthyreoter Stoffwechsellage etwa 60 Prozent der Patienten vom Vorhofflimmern in den Sinusrhythmus, und zwar schon innerhalb der ersten vier Monate nach Therapiebeginn. Weil Patienten mit Herzrhythmusstörungen ein erhöhtes Embolie-Risiko haben, empfiehlt Kahaly außerdem eine gerinnungshemmende Therapie, etwa mit Acetylsalizylsäure 100 mg täglich, zumindest bei chronischem Vorhofflimmern oder nach Thrombosen.
Auch bei Hypothyreose sind alte Patienten kardial gefährdet, besonders durch Koronarsklerose und Myokardinfarkt. "Bereits eine subklinische Hypothyreose ist in dieser Hinsicht ähnlich riskant wie ein unbehandelter Diabetes mellitus oder starker Tabakkonsum", sagte Kahaly. Bei einer Schilddrüsenunterfunktion steige außerdem der Cholesterinspiegel.
Nach einschleichender Substitutionstherapie mit Levothyroxin (etwa Euthyrox®) bessere sich langsam die kardiale Leistung und die diastolische Hypertonie bilde sich zurück, erläuterte Kahaly. In einer Studie mit älteren hypothyreoten Patienten verringerten sich unter L-Thyroxin die kardiovaskuläre Mortalität um 17 Prozent und der LDL-Wert ging um acht Prozent zurück.