Verbessert ein Virus die Prognose HIV-Infizierter?

MÜNCHEN (wst). Das Hepatitis-G-Virus (GB Virus C, GBV-C) ist ein apathogenes Virus, dessen Anwesenheit bei HIV-Infizierten mit längeren Überlebenszeiten assoziiert ist. Ob ein kausaler Zusammenhang vorliegt und damit nicht zuletzt therapeutische Konsequenzen ableitbar wären, darüber gibt es derzeit noch keinen Konsens.

Veröffentlicht:

Das GBV-C wurde 1995 auf der Suche nach neuen Hepatitisviren als enger Verwandter des Hepatitis-C-Virus entdeckt. GB steht für die Initialen des Patienten, einem Chirurgen, aus dessen schon 1968 konserviertem Serum das Virus isoliert worden war.

GBV-C ruft weder Hepatitiden hervor - weshalb die Bezeichnung Hepatitis-G-Virus eigentlich nicht korrekt ist - noch andere Erkrankungen. Daran hat Dr. Heide Reil vom Institut für Klinische und Molekulare Virologie des Uniklinikums Erlangen bei der 2. Münchner Aids-Werkstatt erinnert.

Bei ein bis zwei Prozent aller gesunden Blutspender, bei 15 bis 20 Prozent aller Hepatitis-C- und bei 15 bis 40 Prozent aller HIV-Infizierten ist das durch Blut und sexuell übertragene GBV-C nachweisbar. Menschen mit intaktem Immunsystem eliminieren das Virus innerhalb von zwei Jahren nach der Infektion, bei HIV-Infizierten kann es dagegen viele Jahre bis dauerhaft persistieren.

Seit 1998 wurden mehrere Studien publiziert, die belegen, dass bei HIV-Infizierten eine persistierende Koinfektion mit GBV-C mit einer signifikant besseren Prognose assoziiert ist. Deshalb wurde ein Schutzpotenzial des harmlosen Virus diskutiert. Beobachtungen, wonach bei zunächst koinfizierten HIV-Patienten das Verschwinden von GBV-C aus dem Blut mit einer besonders schlechten Prognose assoziiert war, stützte diese Hypothese. Es gibt aber noch eine weitere Erklärung.

Denn da sich GBV-C vor allem in CD4-Zellen vermehrt und damit seine Anwesenheit davon abhängt, wie hoch die prognosebestimmende CD4-Zellzahl ist, kommt es eventuell nur als CD4-Zellzahl-abhängiger Marker einer guten Prognose infrage.

Neuere experimentelle, auch eigene Daten unterstützten die Schutzhypothese, so Reil. So wurden von GBV-C bereits zwei Eiweißmoleküle identifiziert und isoliert, die sich in vitro als potente direkte Hemmstoffe der HIV-Replikation erwiesen haben. Wenngleich unter dem großen Therapieerfolg einer individualisierten hochaktiven antiretroviralen Therapie die prognostische Bedeutung einer GBV-C-Koinfektion abgenommen hat, könnte die Aufklärung der Wechselwirkung beider Viren dennoch zu einem besseren Verständnis der HIV-Pathogenese und zur Entwicklung neuer Therapien beitragen.

Mehr zum Thema

Zweiter Berliner Patient

HIV-Remission mit nicht-resistenten Stammzellen erreicht

Das könnte Sie auch interessieren
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

© Oleh / stock.adobe.com

Zielgerichtete Interleukin-23p19-Inhibition

Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v.d.H.

Ist das AMNOG bereit für HIV-Innovationen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Update der Studie EPIsoDE

Psilocybin hält therapieresistente Depressionen ein Jahr lang in Schach

Lesetipps
Warnschild Grippewelle

© nmann77 / stock.adobe.com

ARE in Grafiken

RKI: Grippewelle deutet sich an

Fünf Menschen im Wartezimmer.

© Tyler Olson / stock.adobe.com

Einteilung in fünf Gruppen

Diabetes: Risiken für Komorbiditäten vom Subtyp abhängig

Im Krankenhaus wird der Patient unter Aufsicht eines Radiologen einer CT-Untersuchung unterzogen.

© Valerii Apetroaiei / stock.adobe.com

Vereinfachter Diagnose-Algorithmus

Lungenembolie mit weniger Bildgebung sicher ausschließen