Alternative zu Saft

Tabletten schlucken können schon die Kleinsten

Selbst für kleine Kinder ab sechs Monaten ist es offenbar kein Problem, Medikamente als Tablette einzunehmen, zumindest wenn sie nicht größer als 2 mm sind.

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DÜSSELDORF. Während Erwachsene ihre Medikamente meist in Tablettenform einnehmen, bekommen kleine Kinder ihre Medizin bevorzugt als Saft - aus Angst, die Pille könnte in den "falschen Hals" geraten. Womöglich ist diese Furcht, laut einer Studie aus Düsseldorf, unbegründet.

Wer schon einmal einem dreijährigen Kind Medizinsaft mit dem Löffel eingeben musste, weiß, die korrekte Dosierung ist eher Glücksache. Die erste Schwierigkeit beginnt schon beim Abmessen der vorgegebenen Saftmenge mit dem beigelegten Dosierlöffel.

Dann muss die gesamte Ration noch in den kleinen Patienten. Der aber reagiert nicht selten bereits beim Anblick des Löffels mit Widerwillen. Und selbst wenn es gelungen ist, ohne große Verluste die Medizin im Mund zu deponieren, geschluckt ist sie noch lange nicht.

Die schlechte Dosierbarkeit ist aber nicht der einzige Nachteile der flüssigen Darreichungsform: Da wären noch die chemische, physikalische und mikrobielle Instabilität sowie die Geschmacksproblematik. Dennoch wird bei Kindern unter sechs Jahren aus Angst vor einer Aspiration der Saft der Tablette vorgezogen.

Nach Ansicht von Viviane Klingmann von der Kinderklinik der Universität Düsseldorf und ihren Kollegen zu Unrecht. Die Pädiater haben in einer offenen, randomisierten Cross-over-Studie festgestellt, dass schon kleine Kinder problemlos Tabletten mit einem Durchmesser von 2 mm einnehmen können.

Mini-Tabletten mit Lieblingsgetränk geschluckt

An 306 Kindern zwischen sechs Monaten und sechs Jahren hatten sie überprüft, inwieweit die kleinen Patienten Tabletten akzeptieren und wie gut sie diese im Vergleich zu Saft schlucken (The Journal of Pediatrics 2013; online 22. August 2013).

Die Probanden mussten innerhalb von 15 Minuten eine unbeschichtete Tablette, eine beschichtete Tablette - jede 2 mm groß - sowie 3 Milliliter eines 15%igen Glukosesafts einnehmen.

Die Reihenfolge wurde randomisiert festgelegt. Die Mini-Tabletten sollten die Kinder mit drei Schlucken ihres Lieblingsgetränks runterspülen, der Saft wurde entweder mit einer Pipette oder mit einem Löffel verabreicht.

Klingmann und Kollegen notierten, ob die Kinder die Tabletten sofort geschluckt bzw. sie zunächst gekaut und anschließend geschluckt haben, so dass kleine Reste im Mund zurückgeblieben sind, oder ob sie sie sofort wieder ausgespuckt haben.

Beim Saft achteten sie darauf, welche Menge die Kinder tatsächlich eingenommen haben: komplett, nur einen Teil oder gar nichts oder ob sie sich völlig verweigerten. Die Ergebnisse werteten sie insgesamt und unterteilt nach Alter der Probanden (6 Monate - 1 Jahr, 1-2 Jahre, 2-3 Jahre, 3-4 Jahre, 4-5 Jahre, 5-6 Jahre) aus.

Kinder mögen´s lieber fest als flüssig

Die Kinder akzeptierten die Mini-Tabletten nicht nur besser (p , 0,0001), sie schluckten diese auch eher als den Saft (p , 0,0001). Je nach Altersgruppe lag dabei die Akzeptanz für die unbeschichtete Mini-Tablette zwischen 78,4% und 100%, für die beschichtete zwischen 84,3% und 100%.

Damit schnitten die Tabletten signifikant besser ab als der Saft, der nur Akzeptanzwerte von 64,7% bis 90,2% erreicht hat. Die Mini-Tabletten in Gänze geschluckt hatten je nach Altersgruppe 52,9% bis 88,2% (unbeschichtet) bzw. 47,1% bis 84,3% (beschichtet), die komplette Saftmenge aber nur 39,2% bis 72,5%.

Zwischenfälle bei der Einnahme gab es nur bei zwei Kindern und beide Mal mit beschichteten Tablette. Die Kinder, beide jünger als ein Jahr, hatten sich verschluckt und mussten husten. Ansonsten blieben die Zwischenfälle ohne klinische Relevanz.

Nach Ansicht der Studienautoren sind Mini-Tabletten auch für Kinder zwischen sechs Monaten und sechs Jahren eine geeignete Darreichungsform und eine gute Alternative zum Saft. Das gelte allerdings nur, so die Einschränkung Klingmanns, wenn die Gabe - wie in der Untersuchung auch - im Krankenhaus erfolge.

 Endgültige Rückschlüsse auf die Behandlung zu Hause ließen die Ergebnisse nicht zu. Auch könne das Risiko schwerer Zwischenfälle nicht endgültig beurteilt werden. Dennoch glauben Klingmann und ihre Kollegen, dass Kontrollorgane wie die Food and Drug Administration und die European Medicine Agency diese Daten bei der Überarbeitung der Leitlinien sowie künftigen Medikamentenzulassungen berücksichtigen werden. (dk)

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