Leber-Werte hoch? Auf Hepatitis B testen!

Rund eine halbe Million Menschen in Deutschland sind chronisch mit dem Hepatitis-B-Virus infiziert. Folgen können Zirrhose und Leberkrebs sein. Es gilt, diese Patienten zu diagnostizieren und zu behandeln. Hausärzte haben hier eine Schlüsselrolle.

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Ungeschützter Geschlechtsverkehr ist in Deutschland der häufigste Übertragungsweg von Hepatitis-B-Viren.

Ungeschützter Geschlechtsverkehr ist in Deutschland der häufigste Übertragungsweg von Hepatitis-B-Viren.

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"Hepatitis B ist die meistunterschätzte Infektionskrankheit." Professor Michael P. Manns aus Hannover, Sprecher des "Kompetenznetzes Hepatitis" und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung, wird nicht müde, das zu wiederholen. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind in Deutschland 400 000 bis 500 000 Menschen chronisch mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) infiziert (Hepatitis B, RKI-Merkblätter für Ärzte 2004). Unbehandelt können Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom die Folgen sein (ebenda). Nur etwa jeder vierte Betroffene weiß von der Infektion und nur neun Prozent werden behandelt (Potthoff A et al., ecomed 2003, 13). Die Aufklärungskampagne: "Hepatitis B? Am besten testen!" möchte das ändern.

Gefordert sind vor allem Hausärzte, denn ihnen kommt eine Schlüsselrolle zu. Die Symptome der chronischen Hepatitis B sind häufig unspezifisch, etwa Müdigkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen (RKI-Merkblätter für Ärzte 2004). Bei erhöhten Leberwerten (GPT bzw. ALT), für die sich keine eindeutige Erklärung findet, ist eine Diagnostik auf HBV vorzunehmen (Z Gastroenterol 45, 2007, 1). Ein einfacher Labortest, bei dem das Oberflächen-Antigen (HBsAg) bestimmt wird, genügt. Damit werden bis 98 Prozent aller HBV-Infektionen entdeckt (ebenda). Das Laborbudget wird nicht belastet, es kann die Befreiungsziffer 32006 genutzt werden.

Wird bei einem Patienten eine chronische Hepatitis B festgestellt, sollte er an einen Facharzt überwiesen werden, denn die Therapie ist komplex. Die Patienten müssen darauf hingewiesen werden, nur noch geschützten Sex zu praktizieren. Denn das Virus wird in 60 bis 70 Prozent der Fälle sexuell übertragen (RKI-Merkblätter für Ärzte 2004).

Wichtig ist, Sexualpartner des Patienten und Kontaktpersonen in der Familie gegen Hepatitis B zu impfen. Denn eine Ansteckung kann bei Personen, die über einen längeren Zeitraum in einem Haushalt mit einem Infizierten leben, auch ohne sexuelle Kontakte stattfinden (Am J Epidemiol 132, 1990, 220). Risikopersonen sollte grundsätzlich ein Test auf HBV angeboten werden.

Zur Prävention einer Hepatitis B stehen Impfstoffe zur Verfügung. Es gibt Mono- und Kombinationsimpfstoffe für Säuglinge, Jugendliche und Erwachsene. Die Impfung ist der einzige Schutz vor HBV. Grundsätzlich müsse die Impfrate in Deutschland höher werden, fordert Manns. Zwar sind 80 Prozent der Schulkinder geimpft, bei Jugendlichen sind es aber nur die Hälfte. Bis zum Jahr 2015 fordern Experten eine Hepatitis-B-Impfrate von 98 Prozent bei Jugendlichen und Risikogruppen (Mitteilung Kompetenznetz Hepatitis). Weitere Forderungen sind, die Bestimmung der Leberwerte in den Check-Up 35 aufzunehmen sowie die Kostenübernahme durch die GKV für das Routine-Screening bei Migranten. (ug)

Wann auf Hepatitis B (und C) testen?

Bei jeder dauerhaften Erhöhung der Transaminasen, für die sich keine eindeutige Erklärung findet, sollten Hausärzte eine gezielte Diagnostik auf Hepatitis B und C vornehmen, also das HBs-Antigen und HCV-Antikörper bestimmen. Das rät der Vorsitzende der Deutschen Leberhilfe Professor Claus Niederau vom St. Josef-Hospital in Oberhausen. Mit diesen beiden einfachen Labortests werden über 95 Prozent der chronischen Infektionen mit Hepatitis B und Hepatitis C erkannt.

Die S3-Leitlinie (s.u.) empfiehlt, auf Hepatitis-Viren zu testen:

  • Personen mit erhöhten Leberwerten und bei Patienten mit Leberzirrhose und Leberkrebs
  • Patienten mit Migrationshintergrund aus Regionen mit erhöhter Hepatitis-B-Prävalenz
  • Personen mit häufig wechselnden Sexualpartnern
  • Angehörige und Partner von Patienten mit Hepatitis-B-Infektion. Das familiäre Umfeld dieser Patienten sollte zudem gegen Hepatitis B geimpft werden.
  • Aktive und ehemalige Benutzer von intravenös zu applizierenden Drogen
  • Dialysepatienten
  • Schwangere nach der 32. Schwangerschaftswoche - bereits seit 1995 in den Schwangerschaftsrichtlinien vorgeschrieben
  • Patienten vor oder während immunsuppressiver Therapie

Quelle: AWMF-Leitlinien-Register Nr. 021/011 (http://leitlinien.net)

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