Influenza

Rückendeckung für Tamiflu und Co.

Die Hieb war heftig: Im April hatte eine große Cochrane-Analyse den Nutzen von Tamiflu® und Relenza® massiv in Frage gestellt. Jetzt haben sich drei deutsche Fachgesellschaften für den weiteren Einsatz der Präparate starkgemacht.

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Oseltamivir en masse: Virologen sprechen sich weiter für den prophylaktischen Einsatz bei Epidemien aus.

Oseltamivir en masse: Virologen sprechen sich weiter für den prophylaktischen Einsatz bei Epidemien aus.

© Bottaro / Fotogramma / ROPI / dpa

ULM. Die Neuraminidasehemmer Oseltamivir (Tamiflu®) und Zanamivir (Relenza®) sind die meistverkauften Arzneien gegen Influenza. Um bei Ausbrüchen die Bevölkerung vor Erkrankungen zu schützen oder Patienten behandeln zu können, hatten Regierungen weltweit große Vorräte davon angelegt.

"Leider hielten die Hersteller einen Teil der Informationen zur Wirksamkeit der Medikamente lange zurück, was Zweifel an der Wirksamkeit und Verträglichkeit weckte", kritisieren die Gesellschaft für Virologie (GfV), die Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) und die Paul Ehrlich Gesellschaft für Chemotherapie (PEG) in einer Mitteilung.

Erst 2013 wurden alle Daten veröffentlicht und von der Cochrane Collaboration ausgewertet. In ihrer im April erschienenen Analyse bestätigt die gemeinnützige Organisation einen vorbeugenden Schutz der Neuraminidasehemmer. Allerdings schätzt sie den therapeutischen Nutzen insgesamt nur als gering ein und nennt eine Reihe von Nebenwirkungen.

Seither nehmen Zweifel an den beiden Medikamenten in der Bevölkerung zu. Dem treten jetzt die drei Fachgesellschaften mit einer gemeinsamen Stellungnahme entgegen.

"Die Cochrane Collaboration fällte ihr Urteil zum therapeutischen Nutzen nur aufgrund von Placebo-kontrollierten randomisierten Studien und Daten, die überwiegend bei ansonsten gesunden Personen erhoben wurden", so Privatdozentin Michaela Schmidtke vom Uniklinikum Jena.

Die Vorsitzende der Kommission antivirale Therapie von GfV, DVV und PEG weist auf eine aktuelle Beobachtungsstudie mit mehr als 29.000 Patienten hin, die in der Analyse nicht berücksichtigt worden war.

Eine frühe Therapie mit Oseltamivir habe darin bei Influenza-Infektionen schwere Folgeerkrankungen und die Sterblichkeit signifikant reduziert (Lancet Respiratory Medicine 2014; 2: 395).

GfV, DVV und PEG empfehlen daher weiterhin den Einsatz von Oseltamivir und Zanamivir zur gezielten Vorbeugung von Influenza bei Ausbrüchen sowie zur schnellstmöglichen Therapie von schwerkranken Influenzapatienten und solchen mit erhöhtem Komplikationsrisiko, wie Kleinkinder, chronisch Kranke und Menschen über 65.

Dasselbe empfehlen die US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Auch die Bundesregierung unterstützt dies: Der nationale Pandemieplan wird derzeit gemeinsam von Bund und Ländern überarbeitet.

Auf die Mittel könne erst verzichtet werden, wenn neue, wirksamere Medikamente zur Verfügung stehen. Für deren Entwicklung müssten die Grundlagenforschung gefördert werden und die Pharmaindustrie Initiative zeigen, so die Gesellschaften. (eb)

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