"Wir bereiten uns auf alles vor"

KÖLN (ug). Deutschland ist gut auf die Schweinegrippe-Pandemie vorbereitet. Deshalb ändert die von der WHO ausgerufene höchste Alarmstufe 6 hierzulande erst einmal nichts. Das wurde erwartet, entsprechende Vorsorgemaßnahmen laufen bereits.

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Vorbereitung für den Fall einer schweren Influenza-Pandemie: Eine Isolierstation wird eingerichtet.

Vorbereitung für den Fall einer schweren Influenza-Pandemie: Eine Isolierstation wird eingerichtet.

© Foto: dpa

"Die Heraufstufung sagt nur etwas über die geografische Ausbreitung aus, nicht über den Schweregrad der Erkrankung", erklärt Dr. Jan Leidel, Leiter des Gesundheitsamtes Köln. Sein Amt ändere nichts an der Arbeitsweise. Als vor wenigen Jahren befürchtet wurde, eine aviäre Influenza (H5N1) könne sich zu einer Pandemie entwickeln, wurden Vorsorgepläne ausgearbeitet. Seit die WHO-Stufe 5 gelte, wurde mit der Umsetzung dieser Pandemiepläne begonnen. "Deshalb sind wir mit den Vorbereitungen relativ weit. Denn was damals geplant wurde, funktioniert überwiegend gut", so Leidel im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Den Gesundheitsämtern kommt eine wichtige Rolle zu, ihre Rechte gehen relativ weit, sogar Grundrechte können eingeschränkt werden, etwa das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Um die Verbreitung des Virus zu bremsen, kann das Gesundheitsamt etwa Schulen schließen und Versammlungen verbieten.

Verdachtsfälle auf Schweinegrippe müssen seit Kurzem gemeldet werden. Bei Verstößen dagegen könne ein Bußgeld fällig werden. Doch das alles ist eher theoretisch. In der Praxis werde mit Augenmaß vorgegangen. Das so genannte "Übermaßverbot" ist für Leidel ganz wichtig: Es müsse jedes Mal geprüft werden, ob die Maßnahmen notwendig, geeignet und verhältnismäßig sind.

Seitdem die WHO die Pandemie-Stufe 5 ausgerufen hat, hat das Kölner Gesundheitsamt ein Lagezentrum eingerichtet. Es ist zwar noch nicht rund um die Uhr, aber doch deutlich über die normalen Zeiten hinaus besetzt. Ein Bereitschaftsdienst ist rund um die Uhr verfügbar.

Versorgung soll primär ambulant erfolgen

Es wurden Gespräche geführt mit allen, die zur Bewältigung in einer Pandemie gebraucht werden, und das Vorgehen in der Krise wurde abgesprochen: mit der KV, den Kliniken, den Dienststellen, die für Schulen und Kitas zuständig sind, der Feuerwehr, den Apothekern und der freien Wohlfahrtspflege.

Sehr gut und vertrauensvoll sei der Kontakt zur KV, sagt Leidel. Der Plan ist, bei einer Pandemie die Versorgung so weit möglich im ambulanten Bereich zu belassen, damit sich die Krankenhäuser um die Schwerkranken kümmern können. "Wir müssen da auf größere Sicherheit gehen. Ärzte müssen zum Beispiel genau wissen, wo das Untersuchungsmaterial hingeschickt wird. Da besteht noch Bedarf." Deshalb wird in den nächsten Monaten verstärkt Fortbildung für niedergelassene Ärzte angeboten.

Auch die Verkehrsbetriebe wurden vom Gesundheitsamt auf eine Pandemie vorbereitet. Die Fahrer von U- und Trambahnen sitzen geschützt in einer Kabine, Busfahrer dagegen nicht. Im Pandemiefall werden deshalb in den Bussen Schutzvorrichtungen für die Fahrer eingebaut. Die Pandemiepläne des Staates, der Länder und der Kommunen seien noch nicht ganz kompatibel, kritisiert Leidel. Daran müsse noch gearbeitet und eine einheitliche Vorgehensweise gefunden werden, damit Deutschland optimal gerüstet ist.

Die jetzige Situation ist eine Art Probelauf

Leidel spricht von einem Probelauf: "Wir bereiten uns auf alles vor. Was bei den derzeit milden Verläufen funktioniert, sollte auch bei schweren funktionieren." Er rechnet mit steigenden Fallzahlen in Deutschland. "Wir können nicht blauäugig davon ausgehen, dass die Situation so bleibt." Er hofft das Beste, rechnet aber mit dem Schlimmsten.

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