Erste Erfolge in der systemischen Therapie bei Magenkarzinom

FRANKFURT AM MAIN (nsi). Magenkarzinome werden oft erst in fortgeschrittenem Stadium entdeckt. Die Patienten können dann meist nicht mehr kurativ operiert werden. Deshalb versuchen Forscher, systemische Therapien weiterzuentwickeln.

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Dabei zeichnet sich etwa ab, daß neoadjuvante Chemotherapien, etwa mit Cisplatin, 5-Fluoro-Uracil (5-FU) und Folinsäure, die Rate der im Gesunden resezierbaren Tumoren erhöhen können, obwohl der Krebs primär nicht kurativ operierbar schien. Auch bei Patienten mit primär operablen Magen-Ca kann eine Verkleinerung des Tumors das Ergebnis des chirurgischen Eingriffs ersten Studien zu Folge verbessern. Beides ist aber noch nicht Standard.

Das ist ein Fazit, welches Experten bei einer von Professor Karl-Hans Holtermüller vom Markus-Krankenhaus in Frankfurt am Main, geleiteten Fortbildungsveranstaltung zum Magenkarzinom gezogen haben.

Bei 24 000 Deutschen pro Jahr wird Magen-Ca neu entdeckt

Wie drängend es ist, die Therapie bei Magenkrebs zu verbessern, machen die Zahlen deutlich: Jedes Jahr wird bei etwa 24 000 Menschen in Deutschland ein Magen-Ca neu entdeckt. 60 Prozent der Tumoren haben bei Diagnose schon die Stadien III oder IV erreicht - also die Serosa oder benachbarte Organe infiltriert -, wie Professor Karl-Hermann Fuchs, Chirurg am Markus-Krankenhaus, berichtet hat.

Für diese Stadien liegt die R0-Resektionsrate, also die Entfernung im Gesunden, nur bei 41 Prozent, und selbst bei kurativer Resektion überleben weniger als 15 Prozent der Patienten die kommenden fünf Jahre, weil Rezidive auftreten. In frühen Tumorstadien sind die Prognosen bei kurativ reseziertem Magenkarzinom besser: Die Fünf-Jahres-Überlebensraten liegen zwischen 40 und 80 Prozent. Eine neoadjuvante Chemotherapie kann den Patienten möglicherweise nutzen. Sie ist sowohl bei Patienten mit primär kurativ resektablen wie nicht-resektablen Tumoren erprobt worden.

Neoadjuvante Chemotherapie läßt Tumoren stark schrumpfen

Professor Hansjoachim Wilke vom am Klinikum Essen-Mitte nannte die MAGIC-Studie, deren Zwischenergebnisse im Sommer 2003 bei einer Krebstagung in Chicago vorgestellt worden sind. 503 Patienten mit primär kurativ resezierbar scheinenden Tumoren - 74 Prozent hatten ein Magen-Ca, die übrigen Ösophagus-Karzinome - wurden nur operiert oder erhielten zusätzlich vor und nach der Op Zytostatika (Epirubicin, Cisplatin, 5-FU).

Die Tumoren schrumpften durch die Chemotherapie statistisch signifikant, auch histopathologisch beobachteten die Forscher eine Herabstufung. Bei absolut zehn Prozent mehr Patienten im Studienarm mit neoadjuvanter Therapie sei es vermutlich gelungen, den Tumor komplett zu entfernen. Ob sich das Ergebnis in Unterschieden der Überlebenszeiten niederschlägt, läßt sich noch nicht beurteilen. Eine Chemotherapie prä-Op für diese Patienten könne daher derzeit noch nicht generell empfohlen werden, so Wilke.

Auch bei Patienten mit lokal fortgeschrittenen und primär nicht kurativ resektablem Magenkrebs könnte eine neoadjuvante Chemotherapie von Vorteil sein. Eine der vielen, aber nicht randomisierten Studien dazu ist an der Uniklinik in Homburg an der Saar gemacht worden. Durch eine Vorbehandlung mit Cisplatin, 5-FU und Folinsäure konnte bei zwei Dritteln der Patienten der Tumor doch im Gesunden reseziert werden.

Seit längerem erproben die Forscher auch adjuvante systemische Therapien, um das Leben der Patienten zu verlängern. Aus vier Metaanalysen lasse sich aber kein klarer Vorteil für die adjuvante Chemotherapie ableiten, sagte Wilke bei der von der Falk Foundation, Hoffmann-La Roche und Sanofi-Synthelabo unterstützten Veranstaltung am Markus-Krankenhaus.

Zu der Frage, ob postoperativ eine Radiochemotherapie sinnvoll sein könnte, hat vor zwei Jahren die Publikation einer randomisierten Studie Aufsehen erregt. Das hat der Radiologe Professor Hans-Joachim Hermann vom Markus-Krankenhaus berichtet.

In der Intergroup-Studie mit 556 Patienten waren Überlebens- und Rezidivraten von Patienten mit resektablem Magenkarzinom verglichen worden, bei 84 Prozent waren die lokoregionären Lymphknoten befallen. Die Patienten wurden entweder nur operiert oder sie wurden operiert und anschließend mit einer Radiochemotherapie behandelt. Die Chemotherapie bestand aus 5-FU und Leucovorin, und es wurde in einer Dosierung von 45 Gray bestrahlt.

Zwar verminderte die postoperative Radiochemotherapie die Rezidivrate und besserte das Gesamtüberleben von im Schnitt 27 auf 36 Monate. Die Studie habe aber so viele Schwachstellen, daß das Ergebnis nicht auf deutsche Verhältnisse übertragbar sei, sagte Hermann. So hätten etwa die Patienten die Radiochemotherapie nicht gut vertragen.

Nur 64 Prozent der Probanden in diesem Studienarm konnten die Therapie abschließen, drei starben an den Folgen der hämatologischen Toxizität. Eine postoperative Radiochemotherapie könne im Einzelfall erwogen werden, wenn der Tumor nicht vollständig entfernt worden sei und der Patient sie voraussichtlich vertragen werde, oder im Zusammenhang mit klinischen Studien, so Hermann.

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