Anämie-Behandlung bei Krebs - gibt es Risiken?

CHICAGO (ob). Ergebnisse einer neuen Metaanalyse deuten auf mögliche Risiken einer AnämieBehandlung mit ErythropoetinAnaloga bei Tumorpatienten hin. Noch besteht allerdings in vielen Fragen Klärungsbedarf.

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Die jetzt vorgestellte Metaanalyse ist eine Aktualisierung der 2006 veröffentlichten Cochrane-Studienübersicht (JAMA 299, 2008, 914).

Letztere war zu dem Ergebnis gekommen, dass eine EPO-Behandlung bei Krebspatienten mit Anämie den Transfusionsbedarf signifikant verringert und auch die Lebensqualität günstig zu beeinflussen scheint. Dem stand als ungünstiger Effekt eine deutliche Zunahme von venösen Thromboembolien gegenüber. Zur Frage eines möglichen negativen Einflusses der EPO-Therapie auf Tumorwachstum und Überlebensrate konnten keine definitiven Aussagen getroffen werden.

Die unter Berücksichtigung von drei neuen Studien aktualisierte Metaanalyse bestätigt das Risiko für Thromboembolien. Auf der Grundlage von 38 Studien mit insgesamt 8172 Patienten kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Behandlung mit Erythropoese-stimulierenden Substanzen das Risiko für venöse Thromboembolien relativ um 57 Prozent erhöhte (Inzidenzraten: 7,5 versus 4,9 Prozent).

Analyse zur Mortalität gründet auf 51 klinischen Studien

Angaben zur Überlebensrate fanden sich in 51 klinischen Studien mit insgesamt 13 611 beteiligten Krebspatienten. Ihre Auswertung ergab: Die Anämie-Behandlung mit EPO-Analoga war bei Krebspatienten mit einer relativ um 10 Prozent höheren Mortalität im Vergleich zu Placebo oder Standardtherapie assoziiert.

US-Fachgesellschaften haben Anämie-Leitlinien aktualisiert

Wie viele Metaanalysen ist auch die aktuelle Studienübersicht ein Konglomerat sehr heterogener Studien. Deshalb sollte man mit allgemeinen Schlussfolgerungen vorsichtig sein. Unterschiede bestehen in der Definition der Endpunkte, in der Art der Tumorerkrankung und in der Auswahl der Patienten.

So sind zwar für die meisten Studien Patienten mit Chemotherapie-assoziierter Anämie ausgewählt worden, für einige Studien aber auch Patienten mit Tumor-assoziierter Anämie. Unterschiede bestanden nicht zuletzt in der Höhe der angestrebten Hämoglobin-Zielwerte, die zum Teil deutlich über dem heute empfohlenen Zielbereich lagen.

Die US-Fachgesellschaften für Onkologie (ASCO) und Hämatologie (ASH) haben im Januar neue gemeinsame Leitlinien zur Anämie-Behandlung bei Tumorpatienten veröffentlicht. Danach sollte eine solche Behandlung bei Chemotherapie-assoziierter Anämie begonnen werden, wenn der Hb-Wert auf unter 10 g/dl gesunken ist - mit Orientierung auf einen Wert im Zielbereich zwischen 10 und maximal 12 g/dl.

Die wohl wichtigste zu klärende Frage lautet jetzt: Kann einer Therapie, die diesen Empfehlungen folgt, definitiv das Prädikat "unbedenklich" attestiert werden?

STICHWORT

Erythropoese-stimulierende Substanzen

Rekombinant hergestellte Erythropoetine wie Epoetin alfa oder Darbepoetin werden seit längerer Zeit außer bei renaler Anämie auch bei Anämien im Zusammenhang mit Tumorerkrankungen therapeutisch genutzt. Zugelassen sind sie für die Behandlung von symptomatischen Patienten mit Chemotherapie-assoziierter Anämie. Wie Studien belegen, können damit die Hb-Spiegel erhöht, Bluttransfusionen verringert und die Lebensqualität verbessert werden. (ob)

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