Zungenküsse als Ursache von Krebs?

NEU-ISENBURG (ikr). Nicht nur oraler Sex, sondern auch Zungenküsse sind möglicherweise riskanter als bisher gedacht. Hinweise darauf geben aktuelle Studiendaten, wonach beide Praktiken das Risiko für eine Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) beträchtlich erhöhen. Und diese sind zunehmend die Ursache für Tonsillen-Karzinome.

Veröffentlicht:
Zungenkuss: Das gefällt auch HPV - offenbar breiten sich Viren auf diesem Weg aus.

Zungenkuss: Das gefällt auch HPV - offenbar breiten sich Viren auf diesem Weg aus.

© Foto: martin schmidwww.fotolia.de

Einer Studie zufolge hat sich die Zahl der HPV-positiven Tonsillen-Karzinome in den vergangenen 40 Jahren verdreifacht. Waren früher die meisten Tonsillen-Karzinome durch das Rauchen verursacht, spielt heute HPV die größte Rolle (MMW online).

US-Forscher haben nun möglicherweise herausgefunden, wie es zu dieser Entwicklung kam: Nach ihren Erhebungen gibt es zwei Dinge, die das Risiko für eine orale HPV-Infektion wesentlich erhöhen: orale Sexkontakte sowie Zungenküsse (J Infect Diseases 199, 2009, 1263). Bei den 332 Kontrollpersonen aus einer Fall-Kontrollstudie zu Kopf-Hals-Tumoren wurden 19 (4,8 Prozent) orale HPV-Infektionen festgestellt. Zehn davon waren durch Hochrisiko-Viren wie HPV 16 ausgelöst. Bei Personen, die bereits mehr als zehn Partner hatten, mit denen sie oralen Sex praktizierten, war das HPV-Risiko 5,2-fach höher als bei Menschen ohne Geschlechtspartner mit diesen Vorlieben - unabhängig von anderen Risikofaktoren wie Rauchen. Bei mehr als 25 Partnern mit vaginalem Sex war das Risiko 4-fach erhöht.

Ähnlich waren die Ergebnisse bei 210 Studenten. Von ihnen waren 6 (2,9 Prozent) mit HPV infiziert, davon fünf mit Hochrisiko-Virustypen. Bei Studenten, die im Jahr vor der Studie mehr als fünf Geschlechtspartner hatten, mit denen sie oralen Sex praktizierten, war das orale HPV-Risiko 8-fach höher als bei jenen ohne solche Sex-Praktiken. Bei solchen, die mit mehr als fünf Partnern Zungenküsse ausgetauscht hatten, war es sogar mehr als 17-fach erhöht. Dazu könnte auch passen, dass in einer aktuellen Studie die Patienten mit HPV-assoziierten Tonsillen-Karzinomen im Durchschnitt zehn Jahre jünger sind als die "klassischen" Patienten mit tabakinduzierten Tonsillenkarzinomen, kommentiert Professor Hermann S. Füeßl vom Isar-Amper-Klinikum, Klinikum München-Ost.

Mehr zum Thema

Möglicher Langzeiteffekt bei älteren Frauen

Supplementation von Calcium und Vitamin D könnte Krebsmortalität senken

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was steckt hinter dem Alice-im-Wunderland-Syndrom, Dr. Jürgens?

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken