Gläschen in Ehren - besser verwehren?

Gut fürs Herz, aber krebsfördernd? Schon kleine Mengen Wein täglich können das Risiko für Brust-, Darm- und Leberkrebs steigern, zeigen neue Studien.

Von Friederike Hörandl Veröffentlicht:
Rotwein in Maßen ist gut fürs Herz. Doch gibt es Hinweise, dass er das Risiko für Darmkrebs erhöht.

Rotwein in Maßen ist gut fürs Herz. Doch gibt es Hinweise, dass er das Risiko für Darmkrebs erhöht.

© Kzenon / fotolia.com

KREMS. Die Bedeutung von Alkohol für die Gesundheit muss neu bewertet werden: Ein bis zwei Gläser Wein pro Tag wirken sich als Herz-Kreislauf-Prophylaxe positiv aus, doch scheint das Risiko, an Brust- oder Darmkrebs zu erkranken, auch schon bei kleinen Mengen zuzunehmen.

Deutliche Hinweise gibt es auch darauf, dass die Kombination aus Übergewicht und Null-Bewegung unter dem Aspekt der Krebsvorsorge ebenso schädlich ist wie Rauchen.

Zwei große Kohortenstudien in Europa und den USA mit 500.000 und 800.000 Teilnehmern liefern nun erste weitgehend übereinstimmende Ergebnisse in Hinblick auf die Wechselwirkung von Gesundheit und Ernährung.

Danach müssen Ernährungsgewohnheiten vor allem im Zusammenhang mit der Krebsvorsorge neu überdacht werden. Das diskutierten führende Wissenschaftler beim dritten Europäischen Forum für evidenzbasierte Gesundheitsförderung und Prävention (EUFEP) in Krems.

Krebs bis zu zehnfach häufiger

Dass sich der Lebensstil deutlich auf das Krebsrisiko auswirkt, legen die bis zu zehnfachen Unterschiede im Auftreten einzelner Krebsarten zwischen verschiedenen Ländern nahe. Welche Bedeutung die Ernährung hat, ist jedoch noch nicht vollständig geklärt.

Eine deutliche Gefahr durch die viel diskutierten gesättigten Fette bestätigt sich bisher nur für das Herz-Kreislauf-System. Rind-, Lamm- und Schweinefleisch müssen demnach allerdings differenzierter betrachtet werden als bisher.

"Rotes Fleisch und Fleischprodukte steigern durchaus das Risiko für Darm- und Magenkrebs, jedoch auch jenes für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und höhere Gesamtsterblichkeit, womit die möglichen biologischen Mechanismen dieser vielfachen Assoziationen noch ungeklärt sind", sagte Professor Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Wer an die 80 Gramm rotes Fleisch pro Tag verzehrt, steigert offenbar sein Darmkrebs-Risiko um bis zu 40 Prozent. Wer hingegen Fisch und Geflügel isst, scheint das Risiko zu senken.

"Wir wissen allerdings nicht, ob Menschen, die vorwiegend rotes Fleisch essen, nicht auch noch andere Vorlieben hinsichtlich ihres Lebensstils entwickeln. Jedenfalls bin ich mir nicht sicher, dass wir damit eine exakte Ursache für das Entstehen von Darmkrebs gefunden haben", sagte Kaaks.

 Risiko mit jedem Gläschen erhöht

Vor Krebs schützt vor allem auch die Zurückhaltung beim Alkohol. Das betrifft nicht nur die bereits bekannten Krebsarten wie Speiseröhren-, Rachen- oder Mundhöhlenkrebs, bei denen man durch viel Trinken (eine Flasche Wein pro Tag) und Rauchen das Erkrankungsrisiko bis zum Hundertfachen steigert.

Während ein Glas Wein pro Tag für das Herz-Kreislauf-System und für die Gesamtsterblichkeit eine positive Wirkung zeigt, gilt das für Krebs nicht: "Auch schon in kleinen, täglichen Mengen kann das zu einer Risikosteigerung vor allem für Brust-, Darm- und Leberkrebs führen", sagte Kaaks.

Mit 3 bis 4 Gläsern Wein pro Tag steigt die Risikozunahme, an Darmkrebs zu erkranken, auf 40 bis 50 Prozent. Bei Brustkrebs scheint sich das Risiko pro Glas Alkohol täglich um 5 bis 8 Prozent zu erhöhen.

Den stärksten Effekt für eine Krebserkrankung sieht Kaaks im Rauchen. Ähnlich stark wirke sich allerdings die Kombination aus Übergewicht und Null-Bewegung aus.

Daher empfiehlt die führende internationale Krebspräventions-Plattform WCRF, sich zu disziplinieren, eine Gewichtszunahme und damit Übergewicht zu vermeiden und sich körperlich zu betätigen. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass körperliche Bewegung das Risiko senkt", sagte Kaaks.

Mehr zum Thema

Beratungsverfahren eingeleitet

G-BA: Zwei neue Datenerhebungen zu Orphans

Nicht kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC)

Effektive Senkung des Risikos für Hirnmetastasen bei EGFR-mutiertem NSCLC

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen