Studie bestätigt

Parodontitis erhöht offenbar Risiko für Krebs

Eine Parodontitis, vor allem wenn sie in einen massiven Zahnausfall resultiert, erhöht anscheinend das Krebsrisiko. Das gilt besonders für Krebserkrankungen, die auch durch Rauchen begünstigt werden.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Schon länger vermutet - nun anscheinend durch eine Studie bestätigt: der Zusammenhang zwischen Parodontitis und Krebs.

Schon länger vermutet - nun anscheinend durch eine Studie bestätigt: der Zusammenhang zwischen Parodontitis und Krebs.

© Eric Fahrner / Fotolia.com

BOSTON. Bei einer Parodontitis bleibt das entzündliche Geschehen nicht auf die Mundhöhle beschränkt. Durch die veränderte bakterielle Besiedelung im Mund werden auch systemische Entzündungsprozesse und Veränderungen im Immunsystem angestoßen.

 Sie sind vermutlich verantwortlich dafür, dass Menschen mit Parodontitis ein erhöhtes Risiko haben, eine Atherosklerose zu entwickeln oder einen Schlaganfall zu erleiden. Sie könnten aber auch die Entstehung von Krebs begünstigen. Ein solcher Zusammenhang wurde schon in mehreren prospektiven Kohortenstudien gesehen und wird jetzt durch 26-Jahres-Daten der Health Professionals Follow-up Study (HPFS) erneut bestätigt (Ann Oncol 2016; online 24. Januar).

Nichtraucher untersucht

Um die Effekte der Parodontitis von denen des Rauchens, einem Hauptrisikofaktor für die Parodontitis, trennen zu können, wurden nur die Daten von Männern ausgewertet, die nie geraucht hatten. Die 19.933 Nichtraucher waren bei Studieneinschluss zwischen 40 und 75 Jahre alt, eine Parodontitis war damals bei 9,7 Prozent bekannt. An einer fortgeschrittenen Parodontitis, bei der definitionsgemäß weniger als 17 Zähne verblieben, litten 3 Prozent der Teilnehmer.

Im Vergleich zu Männern mit gesundem Zahnhalteapparat lag die Krebsrate bei Parodontitis um 13 Prozent und bei fortgeschrittener Parodontitis um 44 Prozent höher. Die häufigsten Tumoren in dieser Kohorte (von Nichtrauchern!), nämlich Karzinome der Prostata und des Kolorektums sowie Melanome, waren davon allerdings nicht betroffen.

Die Assoziation war vielmehr auf Krebserkrankungen beschränkt, für die Rauchen ein etablierter Risikofaktor ist. Karzinome in Lunge, Blase, Oropharynx, Ösophagus, Niere, Magen und Leber traten bei Männern mit Parodontitis um 33 Prozent häufiger auf. Bei massivem Zahnverlust infolge der Parodontitis war das Risiko für einen tabakassoziierten Krebs sogar auf das 2,5-Fache gesteigert.

Die stärksten Risikozunahmen im Zusammenhang mit einer fortgeschrittenen Parodontitis wurden - allerdings basierend auf wenigen Fällen - für Blasen-, Speiseröhren- und Kopf-Hals-Tumoren festgestellt; diese Krebserkrankungen waren fünf- bis sechsmal so häufig wie bei Männern mit gesundem Parodontium.

Die "wahre Herausforderung" besteht laut den Studienautoren um Dominique S. Michaud, Tufts University School of Medicine, Boston, nun darin, die Kausalität des beobachteten Zusammenhangs zu bewerten.

Die Tatsache, dass alle Untersuchungen zu diesem Thema in großen prospektiven Kohorten eine solche Assoziation ergeben hätten, spreche aber dafür, dass die Parodontitis den Krebs fördert - und nicht umgekehrt.

Aufgrund der systemischen und immunologischen Auswirkungen einer Parodontitis sei dies auch biologisch plausibel. Da nur tabakassoziierte Krebserkrankungen vermehrt auftraten, könnte die Parodontitis ähnlich wie das Rauchen über Veränderungen des Immunstatus wirken, so Michaud und Kollegen. Zusätzlich sei aber auch denkbar, dass bestimmte genetische Konstellationen sowohl für die Parodontitis als auch für diese Karzinome anfällig machten.

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