Prostata-Ca

Mehr Metastasen

Immer mehr ältere Männer mit Prostatakrebs in den USA haben bereits bei der Diagnose Metastasen. Ihr Anteil hat sich in sechs Jahren fast verdoppelt. Auch die Inzidenz solcher Tumoren nimmt zu. Eine Folge des Verzichts aufs PSA-Screening?

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Mehr Metastasen

© DAVID MCCARTHY/SCIENCE PHOTO LIBRARY/Agentur Focus

NEW YORK. Im Jahr 2008 hat die US Preventive Services Task Force von einem PSA-Screening bei Männern über 75 Jahren abgeraten, vier Jahre später folgte eine generelle Empfehlung zum Verzicht auf das PSA-Screening unabhängig vom Alter. Die Entscheidungen waren recht umstritten, beruhten sie doch im Wesentlichen auf negativen Resultaten des Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian Cancer Screening Trial (PLCO). Die Studie ergab – im Gegensatz zu anderen Screeningstudien – keine Vorteile des PSA-Screenings auf die Prostatakrebsmortalität. Wie eine Neuwertung der Studie ergab, waren im Kontrollarm ebenfalls rund 90 Prozent der Männer auf ihr PSA getestet worden – es hätte also nur schwerlich zu signifikanten Unterschieden kommen können (wir berichteten).

Nichtsdestotrotz hält die US-Präventions-Task-Force an ihren Empfehlungen fest, was zu einem deutlichen Rückgang der PSA-Untersuchungen in den USA geführt hat. Falls das PSA-Screening die Mortalität senken kann – was die Befürworter des Screenings und Kritiker der US-Empfehlungen vermuten – dann müsste die Prostata-Ca-Sterblichkeit jetzt wieder ansteigen. Dies lässt sich nach so kurzer Zeit aber kaum nachweisen. Allerdings können Ärzte beobachten, ob der Anteil metastasierter und höhergradiger Tumoren wieder zunimmt. In diesem Fall wäre auch eine steigende tumorbedingte Sterblichkeit zu erwarten. Eine aktuelle Auswertung der neusten SEER-Daten (Surveillance, Epidemiology, and End Results) scheint genau dies zu bestätigen: Der Anteil metastasierter Tumoren bei der Diagnose schnellt seit den neuen US-Empfehlungen deutlich in die Höhe.

Sehr viele metastasierte Tumoren

Urologen um Dr. Jim Hu vom Presbyterian Hospital in New York haben im SEER-Register Angaben zu mehr als 1,1 Millionen Männern mit Prostatakarzinomen in den Jahren 2004 bis 2013 untersucht (JAMA Oncology 2016, online 29. Dezember). Im Jahr 2004 stellten sich 6,6 Prozent der betroffenen Männer im Alter von 75 oder mehr Jahren mit einem Tumor vor, der bereits Fernmetastasen gebildet hatte. Dieser Anteil blieb bis 2007 konstant und steigt seit 2008, dem Jahr der PSA-Verzichtsempfehlung, kontinuierlich an. Im Jahr 2013 lag er mit 12,0 Prozent fast doppelt so hoch wie sechs Jahre zuvor.

Wenig überraschend hatte auch der Anteil von Männern mit höhergradigen Tumoren (Gleason-Score 7–10) wieder deutlich zugenommen – von 58 Prozent im Jahr 2004 auf 72 Prozent im Jahr 2013. Dies machte sich sogar bei der Inzidenz metastasierter Prostatakarzinome bemerkbar: Hochgerechnet auf die US-Bevölkerung erkrankten im Jahr 2004 noch 120 von einer Million Männer im Alter von 75 oder mehr Jahren an solchen Tumoren, 2010 waren es knapp unter 100 und 2013 wieder 110. Der Trend zu einer sinkenden Inzidenz hatte sich zwischen den Jahren 2010 und 2011 gedreht.

Rate steigt auch im jüngeren Alter

Ein ähnliches Bild ergibt sich mit einer gewissen Verzögerung auch bei jüngeren Männern mit Prostatakrebs. Hier pendelte der Anteil mit metastasierten Tumoren bei der Diagnose in den Jahren 2004 bis 2011 zwischen 2,7 und 2,9 Prozent. Mit dem Votum gegen das PSA-Screening im Jahr 2012 für diese Altersgruppe stieg er deutlich an – auf mittlerweile 4,0 Prozent im Jahr 2013.

Auch hier können die Ärzte um Hu bereits eine Zunahme höhergradiger Tumoren beobachten – von 46 auf 56 Prozent. Bei der Inzidenz metastasierter Tumoren in dieser Altersgruppe fanden sie jedoch keine oder noch keine Abweichungen.

Solche wären erst in den kommenden Jahren zu erwarten, da hier ebenfalls mit einer Verzögerung nach den geänderten Empfehlungen zu rechnen ist; zudem ist die Inzidenz mit rund 20 metastasierten Prostatakarzinomen auf eine Million Männer deutlich geringer als bei Betroffenen mit 75 oder mehr Jahren.

Sowohl bei älteren als auch jüngeren Männern lässt sich nach der Empfehlung gegen das Screening ein leichter Anstieg der PSA-Werte bei der Diagnose feststellen.

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