Onkologie

Immuntherapie von hinten statt von vorn?

Die so genannte Checkpoint-Hemmung hat beim malignen Melanom zu beeindruckenden Therapieerfolgen geführt. Andere Tumore ziehen nach. Trotzdem könnte es besser sein, weiter hinten in der Signalkaskade anzusetzen.

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BERLIN. Checkpoint-Inhibitoren greifen in die Aktivierung der T-Zellen als Reaktion auf Tumorantigene ein. Bei der komplexen Interaktion zwischen antigenpräsentierenden Zellen, T-Zellen und Tumorzellen blockieren sie hemmende Signalwege. Das Resultat ist, dass die Antitumor-Aktivität der T-Zellen gestärkt wird.

Bekanntester Vertreter der Checkpoint-Hemmung ist der für die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Melanom zugelassene Antikörper Ipilimumab. Er wurde in der bei der Konferenz ASCO 2014 vorgestellten EORTC 18071/CA184-029-Studie jetzt auch in der adjuvanten Situation evaluiert.

Professor Ulrich Keilholz, der kommissarische Direktor des Comprehensive Cancer Centers der Charité, sieht die Ergebnisse mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Grundsätzlich sei die Studie klar positiv ausgefallen, kommentierte Keilholz die Daten bei einer Post-ASCO-Veranstaltung in Berlin.

Das mediane progressionsfreie Überleben betrug bei den untersuchten Hochrisikopatienten mit komplett reseziertem Melanom im Stadium III bei Behandlung mit dem Antikörper Ipilimumab über bis zu drei Jahre 26,1 Monate, gegenüber 17,1 Monate bei einer Placebotherapie. Das entspricht einer 25-prozentigen Risikoreduktion für Rezidive (primärer Endpunkt, p=0,0013).

"Leider wurde dieser Erfolg mit erheblichen autoimmunen Nebenwirkungen erkauft", sagte der Berliner Experte. Mit Blick auf die Zukunft favorisiert Keilholz deswegen einen anderen Ansatz, der weniger unerwünschte Wirkungen verspricht: Die T-Zell-Aktivität gegen Tumorzellen kann nämlich auch weiter hinten in der Signalkaskade verbessert werden, durch eine Blockade der ebenfalls hemmenden Interaktion zwischen dem T-Zell-Antigen PD-1 und dem Tumorzellantigen PD-L1.

"Hierfür sind mittlerweile bereits sechs Antikörper in Entwicklung, die jetzt zügig in Studien überprüft werden müssen", so der Experte.

Mittelfristig sieht Keilholz in der - an welcher Stelle auch immer ansetzenden - Checkpoint-Hemmung in jedem Fall ein neues Therapieparadigma, das weit über das Melanom hinausreicht: "Diese Substanzen werden bei ganz vielen Tumorentitäten überprüft. Das wird über uns rollen wie einst die Angiogenesehemmung." (gvg)

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