Hodenkrebs

Immer mehr Neuerkrankte

Die Hodenkrebsinzidenz hat in den vergangenen zwei Dekaden in Industrienationen deutlich zugenommen. Deutschland zählt dabei zu den Ländern mit der höchsten Neuerkrankungsrate.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Hodenkrebs ist die häufigste Krebserkrankung junger Männer in Europa.

Hodenkrebs ist die häufigste Krebserkrankung junger Männer in Europa.

© Mathias Ernert / Urologische Klinik, Uniklinikum Mannheim

CHICAGO. Hodenkrebs ist bekanntlich die häufigste Krebserkrankung junger Männer in Europa und den USA.

Aus bisher noch unklaren Ursachen nimmt die Inzidenz in vielen Ländern kontinuierlich zu - sie stieg zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren in den USA um etwa 50 Prozent, und dieser Trend scheint nach einer Analyse von US-Forschern in den meisten Industrienationen anzuhalten.

Ein Team um Dr. Manas Nigam von der Uni in Chicago hat sich die Entwicklung der Keimzelltumoren nun anhand der US-amerikanischen Datenbank SEER (Surveillance, Epidemiology, and End Results) sowie des European Network of Cancer Registries (EUREG) erneut angeschaut (World J Urol 2015; 33: 623-631).

Die Forscher fanden zwischen 1992 und 2009 über 18.000 Hodenkrebsdiagnosen im SEER-Register. 59 Prozent der Patienten hatten ein Seminom; der Anteil der Patienten mit einem Seminom lag bei den 15- bis 29-Jährigen bei 29 Prozent, bei den über 40-Jährigen bei 78 Prozent.

Hohe Inzidenz bei weißen US-Amerikanern

Insgesamt war die Inzidenz innerhalb von 15 Jahren von 5,7 auf 6,8 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner und Jahr gestiegen. Am höchsten war sie im Jahr 2009 bei weißen US-Amerikanern (8,6/100.000), am niedrigsten bei Afroamerikanern (1,7/100.000).

Über alle Ethnien hinweg stieg die Inzidenz um 1,1 Prozent pro Jahr, am stärksten bei Männern mit lateinamerikanischem Hintergrund (5,6 Prozent pro Jahr. Der Anstieg betraf Seminome und Nicht-Seminome gleichermaßen.

Auffallend war, dass die Inzidenz vor allem bei Männern unter 26 Jahren deutlich stieg, weniger stark hingegen bei älteren.

In vielen europäischen Ländern ist die Inzidenz von Keimzelltumoren noch deutlich höher als in den USA. Über 10 bis 20 Jahre gemittelt liegt sie in Dänemark bei 13,7 und in der Schweiz sowie Norwegen bei 12,7/100.000.

Deutschland auf Platz vier

Deutschland folgt auf Platz vier mit 11,9/100.000. Am niedrigsten ist die Inzidenz in Osteuropa und Spanien mit weniger als 5/100.000.

Allerdings steigt sie in diesen Ländern auch am stärksten an - zum Teil um mehr als fünf Prozent pro Jahr. Dagegen ist der Anstieg in den Hochinzidenzländern relativ gering, in Deutschland sind es nur 0,8 Prozent pro Jahr.

Auf lange Sicht scheinen sich die Inzidenzen also anzugleichen.

Über die Ursachen der steigenden Inzidenz lässt sich nur spekulieren. Als Risikofaktoren gelten Kryptorchismus, vorzeitige Geburt sowie Zwillingsgeburt.

Diese Faktoren, so Nigam, deuten auf einen hormonellen Einfluss in utero, möglicherweise ist hier die Östrogenexposition von Bedeutung.

Auch Chemikalien wie PVC, Phthalate und chlororganische Verbindungen sowie Marihuanakonsum werden mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko in Verbindung gebracht.

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Rechtzeitig eingefädelt: Die dreiseitigen Verhandlungen zwischen Kliniken, Vertragsärzten und Krankenkassen über ambulantisierbare Operationen sind fristgerecht vor April abgeschlossen worden.

© K-H Krauskopf, Wuppertal

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“