Neues Verfahren

Mit 3000 Volt werden Lebertumore verödet

Die Irreversible Elektroporation (IRE) ist eine neue Option für Leberkrebs-Patienten, die konservativ anders nicht mehr therapiert werden können. Eine Studie des Uniklinikums Regensburg belegt die Wirksamkeit des Verfahrens.

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Bei der Irreversiblen Elektroporation (IRE) werden Leberkrebszellen mit Elektroimpulsen zerstört.

Bei der Irreversiblen Elektroporation (IRE) werden Leberkrebszellen mit Elektroimpulsen zerstört.

© UKR

REGENSBURG. Viele Patienten mit Hepatozellulärem Karzinom (HCC) haben eine schlechte Prognose, da die Erkrankung oft erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt wird. Für Patienten mit bisher inoperablen Tumoren ist die Irreversible Elektroporation (IRE) eine neue Option. Die bisher größte Studie zu IRE hat 2011 das Institut für Röntgendiagnostik am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) gestartet. In der Untersuchung wurden jetzt die Vorteile bei Überlebensraten und Rezidiventwicklung bestätigt (Sci Rep 2017; 7: 43687).

In der Studie wurden 71 Patienten mit IRE der Klinik über fünf Jahre hinweg retrospektiv beobachtet. "Mit der umfangreichen Fallzahl an Patienten und der langen Nachbeobachtungszeit ist unsere Studie die größte, die bislang zur IRE durchgeführt wurde. Auch wenn hierin nur die Ergebnisse unseres Instituts betrachtet werden, liefert sie bedeutende Hinweise für die Wirkung der Methodik und kann so dazu beitragen, sie künftig mehr Patienten zugänglich zu machen", erläutert der Direktor des Instituts für Röntgendiagnostik, Professor Christian Stroszczynski, in einer Mitteilung des UKR.

Nur jeder Dritte mit Rezidiven

Ergebnis: Nach der Behandlung lebten die Patienten im Schnitt länger als zwei Jahre. Bei etwa 93 Prozent der Krebskranken wurde eine komplette Tumorentfernung im sechswöchigen Nachbeobachtungszeitraum nachgewiesen. Lediglich ein Drittel der behandelten Patienten entwickelten Rezidive. "Den im Rahmen der Studie betrachteten Patienten hätte ohne die IRE keine kurative Therapieoption mehr zur Verfügung gestanden. In Hinblick darauf sind die Ergebnisse äußerst positiv zu werten", resümiert Privatdozent Dr. Philipp Wiggermann, einer der Studienautoren, in der Mitteilung. Zur Therapie des HCC stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Mittel der Wahl ist die Operation. Operativ entfernt werden kann der Tumor aber nur, wenn noch nicht zu viel Lebergewebe befallen ist. Als Alternative zur Operation dient häufig die Radiofrequenzablation (RFA). Hierbei wird der Tumor mit Hitze, die zielgenau über spezielle Sonden in den Körper eingebracht wird, verkocht. Aber auch diese Methode hat ihre Grenzen. So können beispielsweise nur Tumoren behandelt werden, die kleiner als fünf Zentimeter sind. Auch lassen sich die Tumorzellen damit oft nicht vollständig entfernen. Sind alle gängigen Therapieoptionen ausgeschöpft, bietet die IRE betroffenen Patienten eine neue Behandlungschance.

Die Irreversible Elektroporation ist wie die RFA ein minimalinvasives Verfahren. Die Leberkrebszellen werden mit zielgerichteten Elektroimpulsen verödet. Im Zentrum des Tumors werden hierfür perkutan über mehrere Sonden Elektroden platziert, deren Lage durch bildgebende Verfahren wie Sonografie oder Computertomografie kontrolliert wird. Sind die Elektroden an ihrem Platz, werden bis zu 80 Mal kurze, elektrische Impulse von bis zu 3000 Volt abgegeben. Das dadurch entstehende elektromagnetische Feld führt zu Rissen in der Membran der Leberkrebszellen, die zu einem geregelten Zelltod führen. Die Behandlung kann bis zu zweieinhalb Stunden dauern.

Eingriff lässt sich wiederholen

Durch den minimalinvasiven Eingriff können Patienten bereits nach drei bis vier Tagen wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden. Ein weiterer Vorteil: Sollten bei einer Behandlung nicht alle Leberkrebszellen zerstört worden sein, kann das Verfahren nach sechs bis acht Wochen wiederholt werden.

"Die IRE kann in der Leber bei Tumoren von bis zu sechs Zentimetern Größe angewandt werden. Die betroffenen Patienten profitieren vom guten Nebenwirkungsprofil des schonenden Verfahrens. Im Gegensatz zu einer Operation bleiben durch den minimalinvasiven Eingriff lediglich millimeterkleine Narben zurück", so Wiggermann in der Mitteilung. (eb)

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