Vortherapie mit Interferon beugt Krebsrezidiven vor

Interferon aktiviert Krebsstammzellen vor der Tumortherapie. Ein Weg, Rezidive zu verhindern?

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

HEIDELBERG. Im Körper schlummernde Krebsstammzellen gelten als wahrscheinliche Ursache für späte Rezidive von Krebserkrankungen. Jetzt wird versucht, diese Stammzellen zu aktivieren, um sie so zugänglicher für die Pharmakotherapie zu machen.

Adulte Stammzellen kommen in nahezu jedem Gewebe vor. Sie seien vergleichsweise selten und teilten sich unter normalen Umständen teilweise nur alle paar Jahre, sagte Professor Andreas Trumpp, Stammzellexperte am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.

Aktiv werden sie erst, wenn Not am Mann ist, zum Beispiel bei Verletzungen. Für die alltägliche Regeneration von Geweben sind dagegen die sehr teilungsaktiven Progenitorzellen, also Vorläuferzellen, zuständig.

Interferon alfa regt die Zellteilung an

Dummerweise haben auch bösartige Tumoren solche ziemlich inaktiven Stammzellen. "Weil sie sich nicht teilen, sind sie für viele Krebstherapien kaum zugänglich", so Trumpp bei einer gemeinsamen Veranstaltung von DKFZ und dem Europäischen Labor für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg.

Ein Weg, die Krebsstammzellen zu aktivieren, besteht mit Interferon alfa. Es rege die Stammzellen zur Teilung an und eröffne ein Fenster für die medikamentöse Therapie, so Trumpp.

Interferon alfa "weckt" allerdings auch andere Stammzellen des Körpers auf, so dass diese ebenfalls durch eine unspezifisch auf sich teilende Zellen wirkende Chemotherapie in Gefahr geraten.

Vorabtherapie wirkte bei Imatinib

Dieses Problem tritt nur dann nicht auf, wenn eine Therapie tumorspezifisch ist. In diesem Fall könnte es vertretbar sein, die Stammzellen mit Interferon vor der AntiTumor-Therapie pauschal zu aktivieren.

Eine der spezifischsten Therapien in der modernen Onkologie ist die Behandlung mit Imatinib bei chronisch myeloischer Leukämie.

"Tatsächlich gibt es in der Literatur einen Fallbericht über sechs Patienten aus der Anfangszeit der Imatinib-Therapie, die von einer hoch dosierten Interferontherapie direkt auf Imatinib umgestellt wurden", so Trumpp. Sie bekamen nach Absetzen von Imatinib kein Rezidiv, was sehr ungewöhnlich ist.

Diese Beobachtung zusammen mit den neuen Erkenntnissen zur Biologie der Krebsstammzellen hat Trumpp und seine Kollegen ermuntert, den Einsatz von Interferon vor der Imatinib-Therapie bei CML-Patienten jetzt in einer klinischen Studie zu untersuchen.

Mehr zum Thema

Beratungsverfahren eingeleitet

G-BA: Zwei neue Datenerhebungen zu Orphans

Rezidivierte oder refraktäre akute myeloische Leukämie mit FLT3-Mutation

Vor und nach der Transplantation: zielgerichtet therapieren mit Gilteritinib

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen