Brustimplantate

Lymphome als seltene Spätfolgen

In extrem seltenen Fällen scheinen Brustimplantate eine besondere Form von Lymphdrüsenkrebs zu begünstigen, berichten Forscher der Universität Wien. Möglicherweise verursacht eine abnormale Immunantwort des Körpers den Krebs.

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Ein Chirurg entnimmt ein Silikon-Implantat aus der Brust einer Patientin.

Ein Chirurg entnimmt ein Silikon-Implantat aus der Brust einer Patientin.

© Bebert / dpa

WIEN. Eine internationale Studiengruppe hat unter Beteiligung des Wiener Pathologen Professor Lukas Kenner den Zusammenhang zwischen Brustimplantaten und der Entstehung von Lymphomen, die im Narbengewebe um das Transplantat wachsen, untersucht.

Die Forscher gehen davon aus, dass Brustimplantate eine neue Unterart des seltenen, aber bösartigen Lymphdrüsenkrebses ALCL auslösen können. Zu diesem Ergebnis kamen die Autoren nach Analyse vieler weltweit verfügbarer Studien und Daten. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal "Mutation Research" veröffentlicht. (Mutation Research 2014; online 23. August).

Kenner forscht an der Abteilung für Labortierpathologie der Vetmeduni Vienna sowie dem Klinischen Institut für Pathologie der MedUni Wien und dem Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung.

Weltweit 71 Patientinnen registriert

Weltweit gibt es 71 Fälle, bei denen Wissenschaftler davon ausgehen, dass Brustimplantate ursächlich für die Entstehung von ALCL (Anaplastic Large Cell Lymphoma) verantwortlich sind. ALCL ist eine zwar seltene aber aggressive Form von Lymphdrüsenkrebs.

Die Erkrankung betrifft normalerweise Lymphknoten in der Haut, der Lunge, der Leber und des Weichgewebes, nicht aber jene in der Brust.

ALCL im Brustbereich gibt es fast ausschließlich bei Patientinnen mit Brustimplantaten. ALCL entwickelte sich bei den Betroffenen rund zehn Jahre nach der Implantation. Die Tumore wuchsen dabei im Narbengewebe rund um das Implantat.

Allgemein gelten Brustimplantate als sicher. Studien haben keinen Zusammenhang zwischen Brustimplantaten und anderen Krebserkrankungen nachweisen können. Bei ALCL im Brustbereich handelt es sich um ein extrem seltenes Ereignis. Bei drei Millionen Brustimplantierungen kommt es zu einem bis sechs Fällen von ALCL.

ALCL wird in zwei Untergruppen eingeordnet. Bei der einen Gruppe entwickeln die Krebszellen eine abnormale Form des Proteins ALK (anaplastic lymphoma kinase), bei der anderen bleibt die Expression von ALK in den Tumorzellen aus.

Während Patientinnen mit den ALK-positiven Lymphomen bessere Überlebenschancen haben, zeigt sich der Krebs bei ALK-negativen Fällen deutlich aggressiver.

Gute Überlebensraten

"Das durch Brustimplantate ausgelöste ALCL scheint einer dritten Gruppe anzugehören. Zwar sind auch hier die Zellen ALK-negativ, aber die Betroffenen hatten gute Überlebensraten.

Es handelt sich hier um eine erstmals beschriebene, neue Unterart von ALCL", so Kenner, "jetzt gilt es herauszufinden, welche genauen Ursachen seiner Entstehung zugrunde liegen."

Die Gründe, warum Implantate zu Lymphomen führen können, bleiben noch unklar. Während einige Patientinnen Chemotherapie und Bestrahlungsbehandlungen erhielten, bildeten sich bei vielen die Lymphome bereits nach der Entfernung der Implantate und des umgebenden Gewebes von selbst zurück.

Möglicherweise verursacht eine abnormale Immunantwort des Körpers den Krebs. Kenner und sein Team bereiten nun weitere Studien vor, in denen Implantate und Prothesen an anderen Körperstellen untersucht werden sollen.

Die Studie wurde in Wien an der Universität von Cambridge, in Liverpool, Swansea und Australien durchgeführt und von der britischen Organisation "Leukaemia & Lymphoma Research" finanziert. (eb)

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