Ernährung

Vorsicht mit Soja bei Brustkrebs

Viele Brustkrebs-Patientinnen glauben, dass sie sich etwas Gutes tun, wenn sie viel Soja zu sich nehmen. Doch das Gegenteil könnte der Fall sein.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Sojasamen en masse.

Sojasamen en masse.

© Brent Hofacker / fotolia.com

NEW YORK. Glaubt man epidemiologischen Studien, dann schützt viel Soja möglicherweise vor Brustkrebs. Allerdings enthält Soja auch Phytoöstrogene, vor allem Genistein und Daidzein, die ähnlich wie Östrogen eine hormonelle Wirkung aufweisen.

Für viele Frauen mit Brustkrebs wäre das wohl eher ungünstig. Bisher gibt es jedoch recht wenige Hinweise, nach denen ein normaler Verzehr von Sojaprodukten schädlich ist.

In Studien bei Frauen mit hormonabhängigen Brusttumoren konnte weder ein positiver noch ein negativer Effekt von Soja nachgewiesen werden. Das American Institute for Cancer Research (AICR) hält aufgrund einer Metaanalyse von 40 Studien zu dem Thema einen täglichen Sojakonsum für unbedenklich, der etwa 160 Gramm Tofu oder einem halben Liter Sojamilch entspricht.

Soja erhöht Phytoöstrogenspiegel

Da sich die Frage, ob Soja bei Brustkrebs potenziell schädlich ist oder nicht, über epidemiologische Studien kaum beantworten lässt, hat ein Team um Dr. Moshe Shike vom Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York nun ein Experiment gewagt: Die US-Forscher verabreichten 140 Frauen mit einem frisch diagnostizierten Brusttumor im frühen Stadium eine Nahrungsergänzung mit Sojaprotein oder Placebo (J Natl Cancer Inst 2014; 106(9): dju189;).

Die Behandlung dauerte zwischen sieben und 30 Tagen - bis die Frauen operiert wurden. Etwa 80 Prozent der Frauen hatten einen positiven Östrogen-Rezeptor-Status, ein Drittel hatte noch nicht die Menopause erreicht.

Shike und Mitarbeiter interessierten sich vor allem für die Änderung der Genexpression unter der Supplementierung. Sie wollten schauen, ob für das Tumorwachstum eher positive oder negative Veränderungen auftreten, ob der Sojakonsum also eher die Zellproliferation oder die Apoptose fördert. Dazu wurden den Frauen vor und während der Studie Blutproben entnommen, zusätzlich analysierten die Forscher die Genexpression im Tumorgewebe mittels PCR.

Alle Frauen bekamen Tagesportionen eines Pulvers, das entweder 26 Gramm Sojaprotein oder Milchprotein enthielt. Die Menge an Sojaprotein entspricht etwa der von einem Viertel Kilogramm Tofu.

Wie sich zeigte, stiegen bei den Frauen mit Sojaprotein die Serumwerte für die Isoflavone Daidzein und Genistein um den Faktor vier bis sieben an, nachdem sie mit der Nahrungsergänzung begonnen hatten. Bei den Frauen mit Milchproteinen gab es hingegen keine Änderungen beim Isoflavonspiegel.

Gene für Zellproliferation werden aktiv

Als Nächstes schauten sich die Forscher Änderungen der Expression von über 200 brustkrebsrelevanten Genen in Tumorproben an. Hier kam es in der Sojagruppe zur verstärkten Expression von zehn Genen, bei vier ging die Expression zurück. In der Kontrollgruppe steigerten fünf Gene ihre Aktivität, andere fünf wurden im Laufe der Studie heruntergefahren.

Besonders stark stieg die Aktivität der Gene FANCC und UGT2A1 in der Sojagruppe. Ersteres kodiert für ein DNA-Reparatur-Protein, Letzteres ist am Östrogenstoffwechsel beteiligt und hat offenbar auch beim Tabak-getriggerten Lungenkarzinom eine Bedeutung. Die Aktivität dieser beiden Gene stieg in der Sojagruppe um etwa 90 Prozent. Zudem beobachteten die Forscher einen Anstieg der Genexpression beim Rezeptor für den tumorfördernden Wachstumsfaktor FGF2.

Aufgrund dieser Daten mahnen die Studienautoren zur Vorsicht mit Soja bei Frauen mit Brusttumoren.

In einem Kommentar zur Studie weist jedoch der Onkologe Dr. Craig Jordan von der Georgetown University in Washington darauf hin, dass Östrogenwirkungen recht komplex sind: Bei Frauen vor der Menopause scheinen die Hormone eher das Zell- und Tumorwachstum zu fördern, einige Jahre nach der Menopause verschiebt sich das Gleichgewicht jedoch hin zur Apoptose.

Ältere Frauen mit Brustkrebs würden danach von Sojaöstrogenen vielleicht profitieren, jüngeren Frauen wären sie hingegen weniger zu empfehlen.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ergänzung herkömmlicher Modelle

Kalziumscore verbessert Vorhersage stenotischer Koronarien

Lesetipps
Der papierene Organspendeausweis soll bald der Vergangenheit angehören. Denn noch im März geht das Online-Organspende-Register an den Start.

© Alexander Raths / Stock.adobe.com

Online-Organspende-Register startet

Wie Kollegen die Organspende-Beratung in den Praxisalltag integrieren