Prostata-Ca

Risiko wird oft unterschätzt

Aktive Überwachung ist eine Option für Patienten mit Niedrig-Risiko-Prostatakarzinom. Voraussetzung ist die treffsichere Beurteilung der Malignität. Daten eines schwedischen Registers nähren jetzt Zweifel, ob das mit den üblichen Kriterien gelingt.

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NEW YORK. Das Problem ist bekannt: Der bei einer Prostatabiopsie ermittelte Gleason-Score-Wert zur Beurteilung der Malignität eines Tumors ist oft nicht identisch mit dem Scorewert des Prostatektomiepräparats.

Von Belang ist es vor allem für Patienten, bei denen unter der Annahme eines Niedrig-Risiko-Karzinoms eine aktive Überwachung (active surveillance, AS) in Betracht gezogen wird. In der Tat muss auch bei diesen Patienten die Einschätzung häufig revidiert werden, wie bevölkerungsbasierte Registerdaten aus Schweden belegen (J Urol 2013, online 25. September).

In den Jahren 2007 bis 2011 wurde dort bei 13.159 Männern ein Prostatakarzinom mit Gleason-Grad 6 und im Stadium T1c oder T2 diagnostiziert. 4500 Patienten unterzogen sich einer radikalen Prostatektomie.

Bei etwa jedem Zweiten (2235 Patienten) waren die daraus erhobenen histopathologischen Befunde schlechter als die Befunde der Stanzbiopsie.

Als Prädiktoren für solch eine Abweichung erwiesen sich fortgeschrittenes Alter, ein Prostatavolumen unter 40 ml, ein höherer PSA-Wert, eine PSA-Dichte (PSAD) über 0,15, das klinische Stadium T2 und mindestens sechs positive Stanzen.

In der Untergruppe von Patienten mit detaillierten Biopsiedaten waren ähnliche Faktoren mit einem ungünstigeren Ergebnis der Prostatektomie assoziiert (Alter über 60, PSA größer 4 ng/ml, PSAD über 0,15, Stadium T2, über 10 Biopsien).

Kriterien sollten erweitert werden

Als zusätzlicher Risikofaktor wurde eine lineare Ausdehnung des Krebsgewebes im Biopsat von mehr als 4 mm identifiziert. Umgekehrt senkten ein Prostatavolumen über 40 ml und eine Gesamtbiopsat-Länge von mehr als 200 mm das Risiko für ein Upgrading/Upstaging.

Selbst wenn die Analyse auf Männer beschränkt wurde, die die Kriterien für verschiedene AS-Protokolle erfüllten, musste die Histopathologie nach der Operation häufig schlechter beurteilt werden als zuvor.

Am häufigsten passierte das mit den Kriterien der University of Toronto (PSA kleiner/gleich 10 ng/ml, Gleason kleiner/gleich 3 + 3; n = 1821), nämlich bei 46 Prozent der Patienten. Die strengeren Johns-Hopkins-Kriterien (Stadium kleiner/gleich 2a, Gleason kleiner/gleich 3 + 3, kleiner/gleich 2 positive Stanzen, Tumorgewebe in kleiner/gleich 50 Prozent der Stanzen, PSAD kleiner/gleich 0,15; n = 393) führten zwar am seltensten, aber immer noch bei 33 Prozent der Patienten zu einer solchen Fehleinschätzung.

Um falsche Klassifizierungen zu vermeiden, empfehlen die Studienautoren um Dr. Annelies Vellekoop von der New York University, die Kriterien für eine aktive Überwachung zu erweitern: um die bisher wenig genutzte PSA-Dichte sowie die lineare Ausdehnung des Krebsgewebes in den Biopsaten.

Allerdings räumen sie auch ein, dass die Auswahl nach den bisherigen AS-Kriterien bei vielen Männern, ohne dass sie kurativ behandelt werden, erfolgreich ist. Pathologische Eigenschaften ermöglichen eben auch nicht immer eine exakte Risikovorhersage. (BS)

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