Krebs

Impfung kann vor Kopf-Hals-Tumoren schützen

Viele Kopf-Hals-Karzinome ließen sich vermutlich durch eine Impfung gegen das humane Papillomavirus (HPV) vermeiden. Der Impfstoff wird auch zum Schutz vor Gebärmutterhalskrebs eingesetzt.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:

MONTREAL/KANADA. Die Hinweise haben sich in den letzten Jahren gehäuft, dass das humane Papillomavirus (HPV) auch für die Karzinogenese der Kopf-Hals-Karzinome verantwortlich sein kann. Mit dieser Erkenntnis begannen jedoch die Diskussionen: Für wie viele der Kopf-Hals-Karzinome ist die HPV-Infektion tatsächlich ursächlich?

Der Nachweis der Virus-DNA ist ja nicht mit einer Zelltransformation gleichzusetzen. Und je nachdem wie hoch die Virus-Prävalenz ausfällt, stellt sich auch die Frage, ob eine prophylaktische HPV-Impfung hier sinnvoll ist.

Nur DNA-Nachweis ist kein Beweis

Diese Diskussionen veranlassten Cathy Ndiaye von der Universität in Montreal/Kanada und ihr Team dazu, eine Metaanalyse zur Prävalenz des humanen Papillomavirus bei Kopf-Hals-Karzinomen zu initiieren (Lancet Oncology 2014; 15: 1319-1331). Um den Anteil der HPV-bedingten Karzinome nicht zu überschätzen, nahmen sie zwei wichtige Biomarker mit in die Analyse hinein: die E6/E7-mRNA und das p16 INK4a - deren Detektion zeigt nämlich eine hohe virale transkriptionelle und onkogene Aktivität an und ist damit ein wichtiges Merkmal dafür, dass die Karzinogenese tatsächlich durch eine HPV-Infektion ausgelöst wurde.

HPV-DNA wurde in 3837 der Fälle von insgesamt 12.163 Kopf-Hals-Karzinomen (148 Studien) nachgewiesen, bei 82,2 Prozent handelte es sich um den Hochrisiko-Typ HPV 16. Virus-DNA ließ sich bei 45,8 Prozent der Oropharyngealkarzinome, 24,2 Prozent der Mundhöhlenkarzinome und bei 22,1 Prozent der Larynxkarzinome nachweisen.

Nicht immer ist das Virus aktiv

Bezieht man die Biomarker mit ein, lässt sich in etwa die Größenordnung abschätzen, wie viele der Karzinome dem Virus zugeschrieben werden können. Bei den Nasenrachenkarzinomen konnte man in 86,7 bzw. 86,9 Prozent der HPV-DNA-positiven Karzinome auch E6/E7-mRNA bzw. p16 INK4a nachweisen; damit lassen sich etwa 40 Prozent dieser Karzinome tatsächlich auf eine Virus-Infektion zurückführen.

Bei Mundhöhlen- und Kehlkopfkarzinomen sieht die Situation etwa anders aus. Hier wären mehr Tumore fälschlicherweise dem Virus zugeschrieben worden, hätte man nur die HPV-DNA als Anhaltspunkt herangezogen: Im Falle von Larynxkarzinomen sind nach Einbeziehung der E6/E7-mRNA bzw. des p16 INK4a-Produkts schätzungsweise 8,6 bzw. 19,1 Prozent der Fälle auf das Virus zurückzuführen (E6/E7-mRNA und p16 INK4a war in 39,1 und 86,7 Prozent der HPV-DNA-positiven Karzinome nachweisbar); bei Mundhöhlenkarzinomen sind es entsprechend 16,3 und 6,8 Prozent.

Impfung gegen HPV16 und 18

Was aber lässt sich aus diesen Befunden schließen? Nach Ansicht der kanadischen Studienautoren könnte mit einer prophylaktischen Impfung gegen HPV16 und 18 vermutlich ein beträchtlicher Anteil an Kopf-Hals-Tumoren verhindert werden, insbesondere Nasenrachenkarzinome. In dieser Analyse sei der Anteil an HPV-positiven Oropharyngealkarzinomen nämlich deutlich höher gewesen, als er in anderen Studien angegeben worden ist.

Absolute Belastung bleibt unklar

Das humane Papillomavirus scheine wohl auch eher Nasenrachenkarzinome als Mundhöhlen- oder Kehlkopfkarzinome zu verursachen, schreibt Anil K Chaturvedi vom National Institute of Health in Rockville in einem begleitenden Kommentar. Er erwähnt aber auch, dass mithilfe dieser Untersuchung zwar die Bedeutung des humanen Papillomavirus als Risikofaktor bei Kopf-Hals-Karzinomen im Vergleich zu anderen Risikofaktoren wie Rauchen und Alkoholkonsum herausgestellt werden kann.

Doch lässt sich damit nur partiell etwas über die absolute Belastung durch das Virus sagen. Denn die Inzidenz der einzelnen Karzinomarten wurde hier nicht berücksichtigt. So sei die Inzidenz von Mundhöhlenkrebs zwei bis drei mal höher als die von Nasenrachenkrebs.

Sprich, auch wenn eine HPV-Infektion weniger Mundhöhlenkarzinome als Nasenrachenkarzinome verursacht, könnte es absolut gesehen dieselbe Menge sein. Deshalb müsse man künftig die Inzidenz einbeziehen, um die Bedeutung des humanen Papillomavirus bei diesen Karzinomen besser beurteilen zu können, schlägt Chaturvedi vor.

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